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Stärkste Kraft in Katalonien sind die liberalen Ciudadanos um Parteichef Albert Rivera und Spitzenkandidatin Inés Arrimadas – aber ohne Mehrheit.

© Celestino Arce Lavin/dpa

Separatismus in Katalonien: Abspaltung gegen Abspaltung

Katalanische Aktivisten wollen eine Trennung spanienfreundlicher von separatistischen Regionen initiieren.

Spaltet sich die politisch zerstrittene spanische Region Katalonien bald selbst noch in zwei Teile? Die spanien-freundliche Bürgerplattform „Barcelona is not Catalonia“ sieht darin eine folgerichtige Antwort auf die Unabhängigkeitsbestrebungen der separatistischen Parteien in der Konfliktregion: „Barcelona ist nicht Katalonien.“ Die Regionalwahl am 21. Dezember habe gezeigt, dass die Separatisten – die im Parlament wieder knapp die meisten Mandate eroberten – nur im ländlichen Raum Mehrheiten hinter sich haben, nicht aber in der Regionalhauptstadt Barcelona. Dort gewann das prospanische Lager.

Auch einen Namen haben die Initiatoren für ihre neue spanienfreundliche Mittelmeerregion: „Tabarnia“ könnte das Territorium heißen, indem die meisten Bürger Parteien wählten, welche eine einseitige Abspaltung Kataloniens vom Königreich nicht unterstützen. Der Name setzt sich aus denen der beiden benachbarten katalanischen Provinzen Tarragona und Barcelona zusammen – das sind die beiden wichtigsten urbanen, industriellen und touristischen Großräume Kataloniens, in denen 6,3 der insgesamt 7,5 Millionen katalanischen Bürger leben.

Was zunächst wie ein Scherz klang, hat sich inzwischen zu einer Initiative ausgewachsen, die binnen weniger Tage von zehntausenden Menschen unterstützt wird. Einen „Tabarnia“-Aufruf auf der Internet-Petitions-Plattform Change.org haben in fünf Tagen schon mehr als 150.000 Menschen unterzeichnet – und es werden rasend schnell immer mehr.

In dem Appell wird das nationale spanische Parlament in Madrid aufgefordert, ein Referendum über die Teilung Kataloniens zu erlauben: „Wir fordern das Recht, darüber entscheiden zu dürfen, ob wir eine neue spanische Region bilden, die uns gegen die Bedrohung durch die Unabhängigkeitsbefürworter schützt.“ Denn „das Ergebnis der Wahlen enthüllte, dass Katalonien in zwei Teile gespalten ist“, erklären die Initiatoren. „Ein Teil Kataloniens, zusammengesetzt aus den Provinzen Barcelona und Tarragona, will weiter zu Spanien gehören. Der andere – sezessionistische – Teil besteht aus den Provinzen Lleida und Girona.“ Die von den Separatisten angestrebte Loslösung Kataloniens von Spanien provoziere soziale Spannungen, schade der Wirtschaft und sei schlecht für den Tourismus.

Die Katalanen sind gespalten - in Separatisten und Pro-Spanier, in Stadt und Land

In den letzten Wochen haben mehr als 3.000 katalanische Unternehmen, darunter praktisch alle großen börsennotierten Konzerne, ihre Firmenzentralen in ruhigere spanische Regionen verlegt – aus Sorge, dass die politische Instabilität in Katalonien ihren Geschäften schaden könnte. Auch die Zahl der ausländischen Touristen ist in den letzten Monaten erstmals seit Jahren nicht mehr gewachsen, sondern zurückgegangen.

Tatsächlich hat das Wahlergebnis in Katalonien gezeigt, dass es unter den Katalanen keine Mehrheit für eine Abspaltung gibt. Nach dem offiziellen Wahlergebnis stimmten 47,5 Prozent der katalanischen Bürger für die Separatisten, die im Herbst versucht hatten, Katalonien ohne Erlaubnis der spanischen Regierung und gegen Spaniens Verfassung vom Königreich abzuspalten. Mit diesem Ergebnis haben die separatistischen Parteien 70 der 135 Sitze im Regionalparlament erobert – also die absolute Mehrheit. Dies verdanken sie dem Wahlrecht, das die Stimmen im ländlichen Raum, also in den Provinzen Lleida und Girona, wo die Unabhängigkeitsbefürworter stark sind, bei der Mandatsverteilung überproportional gewichtet.

Zählt man aber Mandate und Stimmen der beiden Lager in den urbanen Provinzen Barcelona und Tarragona zusammen, kommt man auf ein anderes Machtverhältnis: In dieser hypothetischen Region „Tabarnia“ errangen die Separatisten nur 47 Parlamentsmandate – die Gegner einer einseitigen Abspaltung von Spanien kämen in „Tabarnia“ dagegen auf 57 Sitze.

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