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Politik: Sichere Bank

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Manchmal wird den Medien vorgeworfen, sie ließen es an Kontinuität in ihrer Berichterstattung mangeln. Nicht im Boulevard-Bereich, nein, da wird über Jahre hinweg mit Penetranz geklärt, was der immerselbe Promi so treibt.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Manchmal wird den Medien vorgeworfen, sie ließen es an Kontinuität in ihrer Berichterstattung mangeln. Nicht im Boulevard-Bereich, nein, da wird über Jahre hinweg mit Penetranz geklärt, was der immerselbe Promi so treibt. Aber in der Politik. Da werde fast täglich ein neues Thema aufgewärmt. Doch schon nach Stunden kühlt es wieder ab. Die Politik macht es nicht anders. Wie ein Wirtschaftsboss neulich meinte: Laufend wird eine frische „Steuersau“ durchs Dorf getrieben. Nun wollen wir heute nicht weiter über die schon mehrfach gewürdigte „Steuersau“ philosophieren, sondern wir leisten einen Beitrag zur Kontinuität. Und zwar zweifach. Für die Medien – und für die Politik.

Da gibt es also jenen ominösen Abgeordneten Jakob Mierscheid, SPD, der sich natürlich die Wertung „ominös“ scharf verbitten würde. Dass er dennoch zumindest für das breite Publikum etwas ominös ist, liegt daran, dass ihm fehlt, was den normalen Abgeordneten auszeichnet. Wahlkreis. Ausschuss-Sitz. Foto im Abgeordneten-Handbuch. Kürzlich hatten wir hier gefragt, ob MdB Mierscheid überhaupt noch existiert. Immerhin war ja Wahl, und derlei kann politische Karrieren bekanntlich beenden. Jakob Mierscheid hat geantwortet. Sein Brief ist gleich knapp wie präzise. „Ich gehöre dem Deutschen Bundestag seit über 20 Jahren, daran hat auch der 22. September nichts geändert.“ Auffällig ist das Fehlen des Wörtchens „an“. Normalerweise gehört man ja nicht dem Parlament, man gehört ihm an.

Erfahrene Parlaments-Berichterstatter weisen jetzt darauf hin, dass Mierscheid ein Meister der Wortwahl sei. Jedes Wort sei bedacht. Das fehlende „an“ sei ein Signal. Doch weiter im Text. „Ich bin im Deutschen Bundestag so selbstverständlich, dass ich gar nicht erst erwähnt werden muss.“ Bravo. Das freut uns: Selbstverständlichkeiten in der Politik. Politisches, das unerwähnt bleiben kann. Meisterschaft im Schweigen. Pure Existenz. Keine Show. Mierscheid schließt seine Zeilen mit der Versicherung: „Ich mache weiter, darauf können Sie sich verlassen.“ Wir verlassen uns gern auf die letzten Spuren von Kontinuität. Wir lehnen uns beruhigt zurück, vergessen Alltagsstress, Hektik und Steuersäue. Ein Hoch auf Mierscheid! Robert von Rimscha

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