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An der Front. Deutsche Soldaten in Afghanistan. Führung wird aber von Deutschland vor allem in Europa verlangt.

© dapd

Sicherheitskonferenz in München: Große Erwartungen an Deutschland

Deutschland soll mehr führen, beim Euro sowieso, aber auch in der Nato.

Für Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ist klar: „Europa muss in der Nato Verantwortung für sich selbst und für die Staaten in der angrenzenden Region übernehmen.“ Das sagte de Maizière gestern zum Auftakt der 48. Münchner Sicherheitskonferenz. Einerseits werde die Sicherheitslage durch „asymetrische Bedrohungen“ komplizierter – etwa Terrorakte, Computerattacken oder schwer durchschaubare Bürgerkriege. Andererseits fokussiere sich die USA nicht mehr so sehr auf Europa, sondern wende sich mehr und mehr anderen Regionen der Welt zu, etwa dem asiatisch-pazifischen Raum. De Maizières vorläufige Bilanz: „Wir müssen mehr können und mehr gemeinsam können.“

Was sind Europas Aufgaben und welche Rolle nimmt Deutschland dabei ein? Das war das beherrschende Thema der ersten Diskussionsrunde, die Konferenzleiter Wolfgang Ischinger, ehemals deutscher Botschafter in Washington, mit der Bemerkung eröffnete: „Wir müssen uns nicht mehr um Kampfpanzer, sondern um Banker sorgen.“ An der Konferenz im noblen „Bayerischen Hof“ nehmen mehr als 300 Gäste aus 70 Ländern teil, darunter 40 Außen- und Verteidigungsminister. Zudem gibt es 200 Beobachter.

Die Erwartungen an Deutschland innerhalb Europas und im Zusammenhang mit der Schuldenkrise sind hoch. Der britische Oxford-Historiker Timothy Garton Ash sieht die Bundesrepublik mittlerweile als einen „normalen Nationalstaat“ – eine „gute Grundlage für europäische Politik“. Zumindest wirtschaftlich sei in Europa „viel deutsche Führung“ zu erkennen. Dass Deutschland militärisch und sicherheitspolitisch Nato-Mittelmaß ohne besondere Ambitionen ist und auch nicht viel anderes sein sollte, darüber herrscht rasch eine unausgesprochene Einigkeit. Vielmehr wird ein gutes europäisches Zusammenleben vom Fortgang der Finanz- und Eurokrise abhängig gemacht. Und da, so scheinen es zumindest die ausländischen Gäste zu sehen, werde noch einiges auf Deutschland zukommen. Weltbank-Chef Robert Zoellick etwa meint schonungslos, in Schwellenländern herrsche mittlerweile „Verachtung gegenüber Deutschland“, weil das wirtschaftsstärkste Land die Eurokrise nicht in Griff bekomme. In China etwa frage man sich, meint Zoellick: Warum sollen wir jetzt dafür zahlen? Es reiche nicht, wenn Deutschland nur „Sparvorgaben“ mache. Es müsse 2012 vielmehr den politischen Kurs vorgeben – „sonst zieht es den Zorn der anderen auf sich“.

Die Bundesrepublik hat als Exportnation am meisten von Europa und vom Euro profitiert, also müssten die Deutschen nun mehr für die Rettung des Kontinents tun – und nicht nur Geld für Sicherheitsschirme geben und die anderen Euro-Länder zum Sparen zu zwingen. Verteidigungsminister de Maizière musste den harten Kurs der Bundesregierung verteidigen. „Was würden die deutschen Unternehmen wohl zur Rückkehr der D-Mark sagen?“, fragt Zoellick rhetorisch. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski wiederum bezeichnet Deutschland als „den größten Anteilseigner der EU“. Auch dieser brauche aber Partner.

De Maizière wiederum spricht von der Befürchtung, dass möglicherweise auch nach weiteren finanziellen Stützungen am Ende „alles so ist wie jetzt“. Es bedürfe nicht zwingend noch mehr Geld, um Wachstum zu erzielen. Er fragt, was denn deutsche Führung bedeute: Immer mehr Geld zu geben, oder von den Euro-Staaten Haushaltsdisziplin einzufordern?

Der heutige Samstag ist der Tag des großen Promi-Schaulaufens: Erwartet werden US-Außenministerin Hillary Clinton, US-Verteidigungsminister Leon Panetta, Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sowie sein russischer Amtskollege Sergey Lavrov. Dabei dürfte es ebenfalls nicht nur um das Verhältnis der Welt zu Asien gehen.

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