Politik: Sicherheitslücken bei der CIA
„Chicago Tribune“ enttarnt 2653 Agenten, geheime Standorte und Flugzeuge per Internetrecherche
Das Internetzeitalter hat empfindliche Lücken in das Sicherheitsnetz des US-Geheimdienstes CIA gerissen. Der „Chicago Tribune“ ist es nach eigenen Angaben gelungen, die Identität von mehr als 2600 Mitarbeitern aufzudecken, die zum Großteil „undercover“ arbeiten. Sie habe ganz legale Recherchemethoden benutzt, die prinzipiell jedem offen stehen, schreibt die Zeitung. Sie enttarnte auch zwei Dutzend geheime Standorte des Dienstes in den USA, Tarnfirmen und CIA-Flugzeuge. „Wir wissen nicht, ob auch Al Qaida dazu fähig wäre“, sagte ein hoher Beamter dem Blatt. „Aber die Chinesen sind es ganz bestimmt.“
Auf Bitten der CIA und aus Rücksicht auf die nationalen Interessen verzichtet die „Chicago Tribune“ darauf, die brisanten Details zu veröffentlichen, und beschreibt die Recherche nur allgemein. Die Enttarnung von Geheimagenten, die unter einer pseudozivilen Legende offiziell einer unverdächtigen Tätigkeit nachgehen, kann erstens lebensgefährlich sein, etwa bei Auslandseinsätzen. Zweitens bedeutet sie wirtschaftlichen Schaden; der Aufbau einer zivilen Deckexistenz ist kostspielig. Der Geheimdienst sei überrascht gewesen, in welchem Ausmaß vertrauliche Informationen im Internet zu finden sind, die sich dann mit Computerprogrammen verfeinern und kombinieren lassen. „Bis 2004 ist das Internetzeitalter hier nicht angekommen“, zitiert das Blatt einen Beamten. 2004 hat Porter Goss die CIA-Leitung von George Tenet übernommen.
Zahlreiche Online-Suchdienste in den USA bieten an, gegen Gebühr alle verfügbaren öffentlichen Daten zu Einzelpersonen oder Institutionen zu sammeln – ein gutes Geschäft, gerade weil es kein Einwohnermeldesystem gibt. Für 14,95 Dollar kann man zum Beispiel frühere Klassenkameraden suchen lassen. Zu den Quellen zählen Telefonlisten, Unterlagen über Immobiliengeschäfte, Wählerregister, Gerichtsurteile, Grundsteuerbescheide, Offenbarungseide, Handelsregister. Manche Dienste bieten Satellitenaufnahmen von Wohnhaus und Arbeitsplatz an. Die „Tribune“hat zum Beispiel eine CIA-Agentin gefunden: 52 Jahre alt, verheiratet, aufgewachsen in Kansas City, heute wohnhaft in Virginia, neues Haus mit drei Schlafzimmern. Und sie hat 26 Individuen enttarnt, die auf der legendären „Farm“ arbeiten: einem Trainingsgelände der CIA in Camp Peary, Virginia, dessen Existenz die Behörden bis 1980 bestritten hatten.
Dabei sei sie auf 17 Privatflugzeuge samt Flugdaten und offiziellen Eigentümern gestoßen, die dort gestartet oder gelandet sind. Einige wurden offenbar für den Transport Terrorverdächtiger in ausländische Gefängnisse benutzt. Wenige Tage, nachdem die „Tribune“ die CIA um Stellungnahme zu den enttarnten Daten gebeten habe, seien die Tarnfirmen für diese Flugzeuge aus dem Internet verschwunden.
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