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Sicherungsverwahrung: Bundesgericht: Keine automatische Entlassung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die automatische Entlassung von Kriminellen nach zehnjähriger Sicherungsverwahrung gestoppt und stellt sich damit gegen Europäischen Menschengerichtshof

Karlsruhe - Ab sofort müssen Gerichte in diesen „Altfällen“ die Gefährlichkeit der Betroffenen prüfen und sie weiter hinter Gittern halten, wenn „schwerste Gewalt- oder Sexualverbrechen“ drohen, entschied der 5. Strafsenat des BGH in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. (5 StR 394/10)

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des BGH setzte sich mit dieser Rechtsauffassung in Widerspruch zum 4. Strafsenat, der von einer automatischen Entlassung in Altfällen ausgeht. Die Leipziger Richter fragten nun bei ihren Karlsruher Kollegen nach, ob sie an ihrer gegenteiligen Rechtsprechung festhalten wollen. Sollten sie dem 5. Strafsenat nicht zustimmen, müssen alle Strafsenate des BGH gemeinsam eine Lösung finden.

Die automatische Entlassung aus der Sicherungsverwahrung wurde von Oberlandesgerichten praktiziert, nachdem der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) im Dezember 2009 die nachträgliche Maßregel über die früher geltende Höchstfrist von zehn Jahren hinaus als menschenrechtswidrig erklärt hatte. Nach seiner Auffassung war die inzwischen abgeschaffte nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung eine unzulässige zweite Strafe, da es in Deutschland keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem Vollzug einer Haftstrafe und Sicherungsverwahrung gebe.

Die Oberlandesgerichte (OLG) Frankfurt am Main, Hamm, Schleswig und Karlsruhe hatten daraufhin entschieden, dass Altfälle nach der zur Tatzeit bestehenden Höchstfrist von zehn Jahren Sicherungsverwahrung zu entlassen sind. Demgegenüber wollten die OLG Stuttgart, Celle und Koblenz die Sicherungsverwahrung in solchen Altfällen andauern lassen, wenn die Betroffenen weiterhin gefährlich sind. Der 5. Strafsenat schloss sich dem an und verwies darauf, dass das Strafrecht eine nachträgliche Gefahrenprüfung anordnet. Wenn der „gegenteilige Wille des Gesetzgebers“ so unmissverständlich zum Ausdruck komme, sei es unzulässig, das Gesetz im Sinne des EGMR-Urteils auszulegen. AFP

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