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Politik: Sieg der Saubermänner

Polens Nationalkonservative sehen nun auch im Präsidentschaftswahlkampf neue Chancen – Kurswechsel in Deutschlandpolitik?

Warmer Schaumwein perlte in den Sektgläsern, während sich die Herren in den schwarzen Anzügen in der Pose ausgelassener Partylöwen übten. „Wir wollen Recht und Gerechtigkeit, für die vierte Republik naht nun die Zeit“, stimmten die Anhänger der nationalkonservativen PiS im Partei-Zentrum begeistert die Parteihymne an, als über die Leinwand die Prognosen zu Polens Parlamentswahl flimmerten: Mit 26 Prozent der Stimmen wird die Partei der Zwillinge Lech und Jaroslaw Kaczynski künftig nicht nur die größte Fraktion, sondern auch den Premier des Landes stellen.

Als „Niederlage der Demokratie“ bezeichnete Staatspräsident Aleksander Kwasniewski die niedrigste Wahlbeteiligung bei einer Parlamentswahl seit der Wende von 1989. Doch auch wenn nur rund ein Zehntel der Wahlberechtigten den Nationalkonservativen ihre Stimme gab, kann sich einzig die erstarkte PiS als der wahre Wahlsieger des fühlen. Den Kampf gegen die Korruption, die Abrechnung mit der sozialistischen Vergangenheit und den Aufbau einer neuen „vierten Republik“ hatten sich die PiS-Saubermänner auf ihre Wahlkampf-Flaggen geschrieben. Dass sich die patriotischen Eiferer im Endspurt noch an den lange führenden Wunschpartnern der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) vorbeischieben konnten, hatten sie indes der Betonung der sozialen Komponente ihres Wirtschaftsprogramms zu verdanken. Mit 24 Prozent konnte die PO ihren Stimmenanteil verdoppeln, hat aber als zweiter Sieger ihr Wahlziel klar verfehlt. Nicht nur wegen der unterschiedlichen Standpunkte in der Wirtschaftspolitik ist mit einer schnellen Bildung des neuen Kabinetts kaum zu rechnen. Die Aussichten ihrer Kandidaten im Präsidentschaftswahlkampf wollen die ungleichen Partner nicht mit Koalitionsgezänk belasten. Zudem spielt Premier-Anwärter Jaroslaw Kaczynski auch aus familiären Gründen auf Zeit: Sollte sein Zwillingsbruder Lech bei der Präsidentschaftswahl triumphieren, will Jaroslaw vermutlich zu Gunsten eines Parteifreunds auf das Premier-Amt verzichten.

Polens Kommentatoren rechnen zudem mit einem mühsamen Regierungsalltag. Die neue Koalition werde „schwierig und kurz“, unkt ein Hinterbänkler der PO. Die PiS sei eine europafreundliche Partei und trete für gute Beziehungen mit Deutschland ein, müht sich Kaminski, die Befürchtungen vor einem Kurswechsel Warschaus zu zerstreuen. Die „Achse Berlin–Moskau“ werde von der PiS als „feindlich“ empfunden, sagt hingegen der Abgeordnete Zbigniew Wassermann: „Wir werden mit unseren deutschen Nachbarn eine deutlichere Sprache sprechen.“

Thomas Roser[Warschau]

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