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Politik: Siegen oder gehen

Die Demokraten müssen ihre Kräfte bündeln, wenn sie gegen Bush eine Chance haben wollen – für einige wird es Zeit aufzugeben

Es gibt diesen Moment, an dem alles kippt. Plötzlich ändert sich die Wahrnehmung. Aus dem zähen Kämpfer wird der sture Bock. Der Rivale mutiert zum Spielverderber.

Am Dienstag fanden in zwei weiteren US-Bundesstaaten die Vorwahlen der amerikanischen Demokraten zur Nominierung ihres Präsidentschaftskandidaten statt. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss dieser Zeitung noch nicht fest. In den Umfragen lag Senator John Kerry erneut ganz weit vorn. Sollte sich der Trend bestätigt haben, stehen seine drei ärgsten Kontrahenten – Howard Dean, John Edwards und Wesley Clark – unter gewaltigem Druck, ihre Kandidatur rasch zu beenden. Der Grund: Einen Kampf weiterzuführen, der aussichtslos geworden ist, schadet der Partei sowie ihrem Spitzenkandidaten.

Virginia und Tennessee sind zwei Südstaaten. Sollten Edwards oder Clark nicht mindestens einen davon für sich entschieden haben, könnten sie ihre Ambitionen abschreiben. Clark stammt aus Tennessees westlichem Nachbarstaat Arkansas, Edwards aus Tennessees östlichem Nachbarstaat North Carolina. Für beide waren die Wahlen dort also in gewisser Weise ein Heimspiel. Wer als Außenseiter nicht einmal ein Heimspiel gewinnt, hat – abgesehen von einer vagen Hoffnung auf ein Wunder – keine Gründe mehr, zuversichtlich zu sein.

Für Howard Dean, den Ex-Gouverneur von Vermont, sieht es nicht besser aus. Er war, im Unterschied zu Edwards und Clark, bislang in noch keinem einzigen Bundesstaat siegreich. In drei Staaten, in denen er einst klar vorne gelegen hatte – Maine, Michigan und Washington – musste er sich am vergangenen Wochenende erneut von Kerry haushoch schlagen lassen. Und nicht nur seine Anhänger wechseln das Lager, sondern auch ehemals mächtige Unterstützer. Eine der größten US-Gewerkschaften entzog Dean jetzt ihre Gunst. Die entsprechenden Aktivitäten seien eingestellt worden, hieß es. Einen Schlag nach dem anderen muss der kleine, kluge, wütende Mann einstecken. Erholen kann er sich kaum davon. Sein demonstrativer Durchhaltewille trägt zunehmend die Züge eines Verbissenen. Fast krampfhaft klammert er sich an seine Kandidatur.

Bislang hat der teils derbe, teils spannende Wahlkampf der Partei genützt. In Amerika sprach man wieder von den Demokraten, die Opposition war wieder da. Doch langsam überwiegen die Nachteile der fortgesetzten Rivalität. Das Hauptproblem heißt Geld. Die Kassen des Regierungslagers sind prall gefüllt. George W. Bush und Dick Cheney warten nur auf den richtigen Zeitpunkt, um ihre Werbe-Maschinerie in Gang zu setzen.

Die Demokraten dagegen sind vorerst gezwungen, ihr Kapital im Kampf gegeneinander zu verschleißen. Sollte das Rennen faktisch bis zum 2. März offen bleiben, dem „Super Tuesday“, an dem gleichzeitig in zehn Bundesstaaten gewählt wird, würden viele weitere Millionen Dollar verschwendet. Wer nur in Kalifornien und New York TV-Werbung schalten will, muss wöchentlich mindestens zwei Millionen Dollar aufbringen. Dieses Geld könnte fehlen, wenn die eigentliche Auseinandersetzung beginnt, die Kampagne gegen Bush & Co. Der Parteichef der Demokraten, Terry McAuliffe, warnt daher schon lange vor einer unnötigen Ausdehnung des internen Gerangels. Er erwarte, dass das Rennen bald gelaufen sei, sagte er. Und das klang weniger nach Prophezeiung als nach Ermahnung. Gemeint waren Dean, Edwards und Clark.

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