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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am 30.11.2015 bei der Konferenz des Berliner Tagesspiegel "Agenda 2016" in Berlin zu den "Wirtschaftspolitischen Herausforderungen im Jahr 2016".

© dpa

Update

Sigmar Gabriel zur Flüchtlingsdebatte: "Man ist nicht automatisch rechtsradikal, wenn man Angst hat"

SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel hat auf der Tagesspiegel-Konferenz "Agenda 2016" die Themen Flüchtlinge und Wirtschaft zusammengebracht. Es wurde nachdenklich.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat davor gewarnt, Befürchtungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise mit einem Tabu zu belegen. „Man ist nicht automatisch rechtsradikal, wenn man Angst vor kultureller Überfremdung hat“, sagte der Vizekanzler am Montag im Tagesspiegel-Verlagshaus in Berlin-Kreuzberg.

Zugleich sprach er sich gegen Pläne der CDU für einen restriktiveren Umgang mit Flüchtlingen aus: Man könne nicht erst eine Million Flüchtlinge einladen, um sie dann möglichst schlecht zu behandeln. „Die Integration derer, die hier leben, und derer, die da kommen, darf nicht gegeneinander ausgespielt werden." Die aktuell robuste wirtschaftliche Entwicklung habe einen großen Anteil am Zusammenhalt. „Was wohl in diesem Land los wäre, wenn wir Abschwung und steigende Arbeitslosenzahlen hätten“, fragte der Minister.

Gabriels Ansicht nach werde im kommenden Jahr vor allem wichtig, ob Deutschland es schaffe, eine „doppelte Integrationsleistung“ zu vollbringen – die Flüchtlinge einzubinden, ohne die einheimische Bevölkerung zu verlieren. Flüchtlinge und Arme dürfe man nicht gegeneinander ausspielen. In dem Kontext bezeichnete er die vergangene Woche beim Arbeitgebertag erhobene Forderung der Arbeitgeberverbände, Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn zuzulassen, als „sozialpolitischen Sprengstoff“. Zugleich sei die Integration in den Arbeitsmarkt eher "eine Zehn-Jahres-Aufgabe, keine Zehn-Tages-Aufgabe."

Große Hoffnungen habe er, dass die Beschlüsse die EU und die Türkei auf ihrem Gipfel am Sonntag getroffen haben, Wirkung zeigen. Nicht erwärmen könne er sich hingegen für Forderungen, die Bundespolizei verstärkt zur Sicherung der deutschen Außengrenzen einzusetzen. Diese würden dann bei der Bekämpfung der Alltagskriminalität, zum Beispiel rund um Bahnhöfe, fehlen.

Auf Nachfrage von Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff schloss Gabriel auch unmissverständlich aus, dass Bundeswehrsoldaten gemeinsam mit Assad-Truppen auf dem Boden in Syrien gegen den IS kämpfen, um die derzeit größte Ursache der Flüchtlingsbewegung zu bekämpfen.

Der Minister appellierte auch an die anderen Mitglieder der Bundesregierung, auf ihre Sprache zu achten. "Die Art, wie Regierende übereinander reden sollte von großer Ernsthaftigkeit geprägt sein, nicht von großer Aufgeregtheit". Das gelte auch mit Blick auf die Kritik an den Ländern Osteuropas in der Flüchtlingsfrage. Es sei eben ein Unterschied, ob ein Land mehr als 60 Jahre politische Liberalität erlebt habe, oder nur 25 Jahre wie viele ehemalige Ostblock-Staaten.

Für Gabriel stehen – jenseits der Flüchtlingsfrage – vier große Themen auf der wirtschaftspolitischen Agenda 2016: die Digitalisierung, der Fachkräftemangel inklusive dem Thema Bildung, die Investitionsschwäche heimischer Unternehmen und die Energiewende. Bei der Gestaltung der Energiepolitik sehe er die Bundesregierung schon auf sehr gutem Weg, sagte er - offenbar in seiner Rolle als Energieminister.

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