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Bundesinnenminister Friedrich will die Balkanstaaten mit einer Verschärfung des Asylrechts unter Druck setzen.

© dapd

Update

"Signal" an Balkanstaaten: Friedrich: Schärfere Regeln für Asylbewerber aus sicheren Ländern

Vor dem Treffen der EU-Innen- und Justizminister hat sich Bundesinnenminister Friedrich für schärfere Regeln für Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien ausgesprochen. Menschenrechtsexperten und die Opposition protestieren, doch Friedrichs europäische Amtskollegen klatschen Beifall.

Schärfere Regeln für Asylbewerber, weniger Geld sowieso und ein Stopp der Visafreiheit für zwei Balkanländer: Die jüngsten Forderungen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) haben einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Opposition und Menschenrechtsverbände warfen ihm am Donnerstag „rechtspopulistische Demagogie“ und das Schüren „rassistischer Vorurteile“ vor. Beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg erhielt Friedrich derweil Rückendeckung von seinen Kollegen aus Österreich und Schweden, auch wenn vorerst keine politischen Entscheidungen fallen werden.

„Wer aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, soll künftig eine abgesenkte Barleistung erhalten“, hatte Friedrich der Zeitung „Die Welt“ vor dem Treffen gesagt. Dass Serbien und Mazedonien seiner Ansicht nach dazugehören, ist bekannt. Genau wie des Ministers Plan, die Visafreiheit für diese und andere Länder aufzuheben, wenn von dort massenhaft Asylbewerber nach Deutschland strömen, deren Erfolgschancen bei der Antragsbearbeitung er als gering erachtet.

Friedrichs Staatssekretär Ole Schröder sekundierte seinem abwesenden Chef in Luxemburg, sprach von „massivem Asylmissbrauch“ und verwies darauf, dass die Anerkennungsquote von Bewerbern aus Serbien und Mazedonien gleich „gegen Null“ gehe. Aufnahmekapazitäten müssten vor allem jenen zur Verfügung stehen, die wirklich darauf angewiesen seien - etwa Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Dass aus Serbien mittlerweile doppelt so viele Asylbewerber nach Deutschland strömten wie aus Afghanistan, zeige „die absurde Situation.“ Immerhin sei Serbien ein Beitrittskandidat für die EU und kein Krisengebiet.

Schröder zufolge dauern die Prüfverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchschnittlich ein bis zwei Monate. Wer aber durch alle Rechtsinstanzen gehe, bleibe schon mal 14 Monate im Land. Friedrich fordert nun, schneller über die Asylanträge zu entscheiden. Ein Schnellverfahren binnen 48 Stunden wie in der Schweiz sei aufgrund der rechtlichen Fristen wohl nicht möglich, aber: „Abwicklung innerhalb kürzestmöglicher Zeit bleibt das Ziel.“

"Technokratische Kälte gegenüber den Ärmsten"

Die SPD-Innenexpertin Kerstin Griese warf Friedrich daraufhin vor, alle Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien über einen Kamm zu scheren. Dass Unionsabgeordnete im Europaauschuss indirekt unterstellt hätten, Flüchtlingskinder verdingten sich oft als Diebe, sei „rechtspopulistische Demagogie“. Nach Ansicht der Linksfraktion schüre Friedrich damit „weitverbreitete rassistische Vorurteile“ gegen die Volksgruppe der Roma, der viele Flüchtlinge angehören. Entsetzt reagierte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck: „Diese technokratische Kälte gegenüber den Ärmsten der Ärmsten in der EU, die kaum wissen, wie sie über den Winter kommen sollen, schockiert mich.“ Amnesty International warnte davor, Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten zu deklarieren. „Dies hätte zur Folge, dass jeder Asylantrag aus diesen Ländern als offensichtlich unbegründet abgelehnt würde. Schutzbedürftige müssten dann mit erheblichem Aufwand und unter verkürzten Fristen versuchen zu beweisen, dass sie trotzdem verfolgt oder unmenschlich behandelt werden.“ Die Menschenrechtsgruppe Pro Asyl wies darauf hin, dass Roma auf dem Balkan massivem Rassismus ausgesetzt seien: „Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Vertreibung, keine Registrierung als Staatsbürger, keine Gesundheitsversorgung, Ausgrenzung von Kindern aus dem Schulsystem - dies ist die von Diskriminierung geprägte Lebenswirklichkeit.“

Ganz anders klangen da die drastischen Worte der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: „Wir in Österreich haben Gott sei Dank diese Probleme nicht“, sagte sie mit Blick auf Friedrichs Heimat, die wie „eine Art Magnet“ auf Asylbewerber wirke, „um Geld auf die Hand zu bekommen“ und das Land dann wieder zu verlassen. „Wir unterstützen hier Deutschland mit voller Kraft“, schloss sie. Und auch ihr schwedischer Kollege Tobias Billström empörte sich in Luxemburg über „den extremen Stress, dem unser Asylsystem ausgesetzt wird“. Allerdings müssten die Problem auch an der Wurzel gepackt, „Minderheitenrechten in diesen Staaten“ also verbessert werden

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Auch Staatssekretär Schröder warb dafür, den Zustrom von Asylbewerbern schon an der Quelle begrenzen. „Es ist wichtig, dass wir diejenigen unter Strafe stellen, die diesen Missbrauch organisieren“, sagte er und schob hinterher: „Man kann hier auch schon von Schleusen sprechen.“ Dass Friedrich zur Bearbeitung der massenhaften Asylanträge übereinstimmenden Berichten zufolge 60 Bundespolizisten als Unterstützung ins Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abkommandiert hat, stößt indes nicht nur auf Wohlwollen. Dabei dürfe es sich nur um eine „zeitlich begrenzte, einmalige Ausnahme“ handeln, forderte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DpolG). Illegale Einreisen zu bekämpfen sei wichtiger, „als Bundespolizisten zur administrativen Unterstützung des BAMF bei der Abarbeitung ohnehin aussichtsloser Asylanträge abzuordnen“. Zumal es „ein Geschmäckle“ habe, wenn die Verhinderer illegaler Einreisen gleichzeitig auch über die Berechtigung eines Asylantrags entscheiden müssten.

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