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© AFP

Simbabwe: Auf Afrika kommt es an

Der Rückzug der Opposition erhöht den Druck auf Simbabwes Nachbarn, Mugabe zur Raison zu bringen.

Wer gegen Robert Mugabe antritt, muss einstecken können. Keiner weiß dies besser als Simbabwes Oppositionsführer Morgan Tsvangirai. Mehrfach hat Mugabe seinen Erzrivalen bereits verprügeln lassen – zuletzt vor einem Jahr nach einem Straßenprotest von dessen oppositioneller Bewegung für einen demokratischen Wandel (MDC). Am Wochenende kapitulierte Tsvangirai dennoch vor der von Mugabe entfesselten Terrorwelle und gab seinen Rückzug von der eigentlich für Freitag geplanten Stichwahl mit Mugabe um das Präsidentenamt bekannt. Ein Urnengang, der den Willen des Volkes widerspiegele, sei in Simbabwe derzeit völlig unmöglich, sagte der Oppositionschef. Am Sonntag flüchtete sich Tsvangirai in die niederländische Botschaft, kurz bevor die Polizei am Montag die MDC-Zentrale stürmte und 60 Menschen festnahm.

Der Druck auf Tsvangirai, die Wahlfarce zu beenden, war immer größer geworden: Mehr als 80 seiner Anhänger sind ums Leben gekommen, bis zu 20 000 Hütten wurden niedergebrannt und 200 000 Menschen aus ihren Wohngebieten vertrieben. Als Mugabes Schergen am Sonntag in der Hauptstadt Harare die einzige Großveranstaltung der MDC mit Schlagstöcken und Macheten sprengten, ohne dass Polizei und Armee einschritten, war das Maß für Tsvangirai voll.

Mit dem nicht ganz unerwarteten, aber so kurz vor der Wahl doch etwas überraschenden Entschluss dürfte der bullige frühere Gewerkschaftsführer dem von Mugabe seit Jahren geschundenen Land zumindest vorübergehend das Abgleiten in die Anarchie erspart haben. Denn nichts deutet darauf hin, dass Mugabe den fast sicheren Wahlsieg Tsvangirais am Ende auch anerkannt hätte. Erst in der letzten Woche hatte der 84 Jahre alte Despot erklärt, dass ein Wahlzettel nie über eine Gewehrkugel siegen werde – und für den Fall eines Sieges Tsvangirais unverhüllt mit „Krieg“ gedroht. Kurz danach hatte der einst weltweit bejubelte Freiheitskämpfer erklärt, nur Gott könne seine Amtszeit beenden. Nach Tsvangirais Rückzug dürfte sich Mugabe, der Simbabwe seit der Unabhängigkeit 1980 beherrscht, zum Wahlsieger erklären.

Der Rückzug könnte dem Staatenbund des Südlichen Afrika (SADC) und vor allem Thabo Mbeki, dem mit der Vermittlung in Simbabwe betrauten Staatschef Südafrikas, eine letzte Möglichkeit zur Durchsetzung einer Verhandlungslösung geben. „Zu diesem Zweck müsste Mbeki Mugabe eigentlich klarmachen, dass die Staaten der Region seinen gewaltsam erzwungenen Wahlsieg nicht akzeptieren – und Mugabe nicht als neu gewählten Präsidenten anerkennen“, sagt Dianna Games, Direktor einer afrikanischen Consultingfirma. Bislang deute aber nur wenig darauf hin, dass Mbeki nach über zehn Jahren plötzlich Klartext mit Mugabe spreche. Am Montag erklärte Mbeki von Neuem, dass Mugabe und Tsvangirai sich nun schnell zusammensetzen und eine Machtteilung aushandeln sollten – als habe es die Terrorkampagne gegen die Opposition nie gegeben.

Die SADC ist über die Krise in Simbabwe inzwischen tief zerstritten. Einige Staaten wie Tansania, Sambia und Botswana kritisieren die Untätigkeit Mbekis. Erst am Sonntag hatte der sambische Staatschef Levy Mwanawasa, dessen Land zusammen mit Südafrika besonders stark unter den Flüchtlingsströmen aus Simbabwe leidet, das anhaltende Schweigen der SADC zu den Zuständen in Simbabwe als skandalös bezeichnet. Mugabe habe eklatant gegen das Wahlprotokoll der SADC verstoßen. „Die Opposition konnte kaum Veranstaltungen abhalten und hatte auch keinen Zugang zu den Medien“, kritisierte Mwanawasa, der sich zudem darüber beklagte, als gegenwärtiger SADC-Chef von Mbeki nicht ausreichend über den Stand von dessen Vermittlungsbemühungen unterrichtet worden zu sein. Zum Rückzug der Opposition sagte er: „Es ist unter den Umständen gewiss keine Schande, an einer solchen Wahl nicht teilzunehmen.“

Die MDC durfte in den Medien Simbabwes zuletzt keine Anzeigen schalten, sie wurde von der Presse ignoriert oder als Büttel des Westens beschimpft. Wahlveranstaltungen waren verboten oder von Mugabes Schlägern gesprengt worden. Die MDC-Spitze wird immer wieder inhaftiert. Generalsekretär Tendai Biti sitzt wegen angeblichen Hochverrats seit zwei Wochen hinter Gittern. Ihm droht die Todesstrafe.

Beobachter sind über den Wahlboykott dennoch geteilter Meinung. Harald Pakendorf, politischer Analyst in Johannesburg, kritisiert den Rückzieher Tsvangirais: „Meiner Meinung nach war es ein Fehler. Die MDC hätte es zumindest versuchen müssen.“ Nach all dem, was die Opposition im Vorwahlkampf auf sich nehmen musste, sei nun nicht der richtige Zeitpunkt zum Rückzug gewesen, glaubt Pakendorf. Er bezweifelt indes, dass Mugabe die Führung seiner Partei behalten wird: „Ich glaube, dass sich die Zanu-PF schon bald um eine Einigung mit der Opposition bemühen muss“, sagt Pakendorf.

Andere glauben, dass Tsvangirai richtig gehandelt hat und sein Rückzug Mbeki dazu bringen könnte, mit mehr Nachdruck gegen Mugabe vorzugehen. „Alles wird davon abhängen, ob die SADC und Mbeki mehr Mut zeigen“, sagt Dirk Kotze, politischer Analyst an der Universität von Südafrika ( Pretoria). Die UN dagegen hätten wenig Verhandlungsmasse, die USA und Europa noch weniger. Nur die SADC könnte mit einer härteren Gangart Bewegung in die festgefahrene Lage bringen.

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