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Skandal-Fotos: Jung droht Leichenschändern mit Entlassung

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung hat den an der Schändung eines Toten beteiligten Soldaten mit ihrer Entlassung gedroht. Die Skandal-Fotos aus Afghanistan sorgten quer durch alle Parteien für Empörung.

Berlin - Jung kündigte dienstrechtliche, disziplinarische und strafrechtliche Konsequenzen für den Fall an, dass sich die Anschuldigungen bestätigten. Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren, sagte Jung. "Die Bilder erregen Abscheu und Entsetzen." Die "Bild"-Zeitung hatte in ihrer Mittwochausgabe Fotos veröffentlicht, die mutmaßlich deutsche Soldaten mit einem Totenschädel zeigen, den sie in teilweise obszönen Posen in die Kamera halten. Die Aufnahmen entstanden nach Aussage eines Bundeswehr-Angehörigen bereits im Frühjahr 2003.

Nach Aussage von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan wird konkret gegen zwei Verdächtige ermittelt. "Einer ist noch Soldat, einer nicht mehr. Beide werden gegenwärtig verhört", sagte Schneiderhan. Vertreter der großen Koalition und der Bundeswehrverband forderten unterdessen eine rasche Aufklärung der Vorwürfe. "Wir müssen wissen, ob es sich dabei um Einzelfälle handelt, wovon zunächst einmal, denke ich, auszugehen ist", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), im RBB. "Das muss aufgeklärt werden, damit der Ruf der Bundeswehr keinen Schaden leidet." Grundsätzlich seien die deutschen Soldaten gut ausgebildet und könnten dem psychischen Druck eines solchen Einsatzes standhalten.

Die fünf in der "Bild"-Zeitung veröffentlichten Aufnahmen zeigten Soldaten des deutschen Afghanistan-Kontingents (Isaf) in Tarnanzügen auf einer Patrouillenfahrt in der Umgebung der Hauptstadt Kabul. Der Totenschädel stammt nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums womöglich von einem afghanischen Friedhof. Es sei nicht auszuschließen, dass der Totenkopf "von einem durch Witterungseinflüsse frei gelegten afghanischen Friedhof im Raum südlich von Kabul stammt", teilte das Ministerium am Mittwoch in Berlin mit.

SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow sprach sich für dienst- und strafrechtliche Konsequenzen aus. Das Verhalten der Soldaten stehe in diametralem Verhältnis zu dem, "was wir den Soldaten an Werten und Verhaltensweisen in Ausbildung und Erziehung mitgeben", sagte der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium dem SWR. Die Anstrengungen zur Vor- und Nachbereitung schwieriger Einsätze müssten noch intensiviert werden.

"Verhalten gefährdet Sicherheit der Truppe"

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sprach von einem "Schaden für das Ansehen der Bundesrepublik und der Bundeswehr". Durch dieses Verhalten würde auch die Sicherheit der eigenen Truppe gefährdet, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. "Denn natürlich wird der terroristische Gegner solche Dinge ausschlachten und sagen, seht mal, so gehen die Ungläubigen mit uns um." Der Fall müsse aufgeklärt werden. Zudem müssten die notwendigen straf-und disziplinarrechtlichen Schritte eingeleitet werden.

Die Grünen forderten Konsequenzen für die betreffenden Bundeswehrangehörigen. Ein solches Verhalten sei "aufs Strengste zu verurteilen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, am Mittwoch in Berlin. Solche Respektlosigkeit vor anderen Menschen könne auch den Einsatz in dem Land gefährden, warnte er. Zugleich bekräftigte Beck die skeptische Haltung seiner Fraktion zu einer Verlängerung der deutschen Beteiligung an der Anti-Terror-Mission "Enduring Freedom" in Afghanistan. Auf der Fraktionssitzung am Vortag habe kein Abgeordneter angekündigt, dem erwarteten Regierungsantrag zur Verlängerung des entsprechenden Bundeswehr-Mandats zuzustimmen. Eine größere Gruppe von Parlamentariern hat nach Angaben Becks noch nicht über ihr Abstimmungsverhalten entschieden. Teilnehmerangaben zufolge hatten 20 Grünen-Abgeordnete bei einem "Meinungsbild" in der Fraktionssitzung deutlich gemacht, derzeit eher mit Nein stimmen zu wollen. 16 Parlamentarier hatten sich die Entscheidung offen gehalten. (tso/ddp/AFP)

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