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Politik: Skinhead-Prozess vertagt

Streit um Einsatz von V-Leuten in sächsischer Organisation

Dresden. Vor der Staatsschutzkammer des Landgerichtes Dresden müssen sich seit Montag sieben Mitglieder der ehemaligen so genannten „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) wegen Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation, schwerem Landfriedensbruch, Nötigung und Volksverhetzung verantworten. Jene Organisation war im April 2001 vom sächsischen Innenministerium verboten worden. Doch schon nach zwei Stunden wurden das Verfahren und die Verlesung der Anklageschrift vertagt. Der Grund ist ein Formfehler. Die Besetzung des Gerichts hatte sich geändert und war nicht fristgerecht mitgeteilt worden.

Die Verteidigung versucht, die Einstellung des Verfahrens zu erzwingen. Das Landgericht hatte Ende Mai vom sächsischen Innenministerium die Auskunft erbeten, ob und in welchem Umfang Verfahrensbeteiligte, Angeklagte oder Zeugen, als V-Leute für den Verfassungsschutz aktiv waren. Das Ministerium reagierte Mitte Juli mit einer Sperrerklärung. Sprecher Thomas Uslaub bestätigt die „totale Nachrichtensperre". Geheimhaltung sei das Prinzip jeder nachrichtendienstlichen Tätigkeit. Die Verteidiger sehen nun die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens nicht mehr gewährleistet. Schließlich sei es im Falle einer Verurteilung für die Strafbemessung von Bedeutung, welche Strukturen vom Verfassungsschutz geduldet oder unterstützt worden seien und welchen Beitrag der Verfassungsschutz überhaupt geleistet habe.

Die SSS war bis zu ihrem Verbot in Pirna und Umgebung gefürchtet. Ziel der Organisation, die sich als neonazistisches Sammelbecken verstand, war es, die touristisch attraktive Region der Sächsischen Schweiz von linksorientierten „Zecken“, drogensüchtigen „Kiffern“ und Ausländern „zu säubern“. Dabei ging die SSS, bei ihrer Auflösung wurden rund 120 Mitglieder und 200 Sympathisanten gezählt, nicht zimperlich vor. Mehrere gewalttätige Übergriffe werden ihr zugerechnet. Über potenzielle „Feinde“ wurden gezielt Informationen gesammelt, Drohbriefe wurden verschickt und Fotos angefertigt. Die SSS-Mitglieder hielten sich mit Wehrsportübungen fit und hielten regelmäßig Schießübungen ab. Bei Durchsuchungen stellte das Landeskriminalamt Sprengstoff, Granaten, Zündvorrichtungen und Waffenteile sicher. Geändert hat sich seit dem Verbot der SSS in Pirna und Umgebung wenig.

Gruppierungen mit kameradschaftsähnlichem Charakter seien weiterhin im Gebiet der Sächsischen Schweiz aktiv, heißt es beim Verfassungsschutz. Ralf Hübner

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