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Politik: Small Talk auf höchster Ebene

Im kommenden Halbjahr soll Deutsch Trumpf sein Aber welche Fremdsprachen können die Minister?

Berlin - Manchmal braucht es nur ein paar Worte, um selbst Skeptiker zu überzeugen. Als Horst Köhler vor fast zwei Jahren seine Rede vor dem israelischen Parlament halten sollte, war man in der Knesset skeptisch. Nach Johannes Rau war Köhler der zweite deutsche Bundespräsident, der im israelischen Parlament sprechen durfte. Köhler begann mit den Worten „Sie haben mich eingeladen, hier in Ihrem Parlament in Jerusalem zu Ihnen zu sprechen.“ Nichts Weltbewegendes – doch Köhler sprach Hebräisch und löste damit Begeisterung aus.

In einigen Tagen übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Deutsch gilt als offizielle Arbeitssprache der Europäischen Union – und die Ratspräsidentschaft ist eine willkommene Gelegenheit, um den Status der Sprache in der EU zu stärken. „Wir werden alle Pressekonferenzen bewusst auf Deutsch halten“, sagt Martin Jäger, Sprecher des Auswärtigen Amtes. Zudem wird eine Armada von Dolmetschern übersetzen, wann nötig. Und trotzdem – bei persönlichen Treffen und Kamingesprächen können Politiker bei Besuch aus dem Ausland mit Sprachkenntnissen punkten. Wer kann was im deutschen Kabinett?

Alle Bundesminister sprechen mindestens eine Fremdsprache – fast alle. Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und Soziales, kann auf Übersetzer nicht verzichten. Daraus macht er kein Hehl. Der Vizekanzler ging bis zu seinem 14. Lebensjahr in die Schule und begann dann eine kaufmännische Ausbildung – er hat deshalb nie eine Fremdsprache erlernt.

Eine besondere Vielsprachigkeit legen die Ministerinnen im Kabinett an den Tag. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul spricht Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch. Aus dem Ministerium heißt es, sie sei in diesen Sprachen verhandlungssicher und könne bei Besuchen auf Übersetzer verzichten. Familienministerin Ursula von der Leyen ist die ersten Jahre zweisprachig in Brüssel aufgewachsen und spricht deshalb fließend Französisch. Nach ihrem Medizinstudium hat Leyen jahrelang in den USA gearbeitet – ihre Englischkenntnisse sind deshalb hervorragend.

Englisch ist die häufigste Fremdsprache im Bundeskabinett. Verteidigungsminister Franz Josef Jung, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, Wirtschaftsminister Michael Glos und Finanzminister Peer Steinbrück sollen nach Angaben ihrer Ministerien gut bis hervorragend Englisch sprechen. Landwirtschaftsminister Horst Seehofer hat erst vor kurzem mit einem Sprachkurs sein Englisch aufgefrischt – wegen der Ratspräsidentschaft und weil er oft geschäftlich in den angelsächsischen Raum reist. Small Talk auf Englisch sei mittlerweile kein Problem, teilt sein Ministerium mit. Bildungsministerin Annette Schavan, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Umweltminister Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprechen zudem auch ein paar Brocken Französisch – jedoch nicht so gut, dass sie auf einen Übersetzer verzichten könnten. Schmidt benutzt die Sprache eher „für den privaten Hausgebrauch“, so ihr Ministerium. Sigmar Gabriel hatte in der Schule Französischunterricht. Bei Schavan ist es ähnlich – es fehle an Sprachpraxis, so ihr Sprecher. Die hat Innenminister Wolfgang Schäuble. Sind Franzosen zu Gast, spricht er durchaus ihre Landessprache. „Aber insgesamt steht doch Englisch im Vordergrund“, sagt sein Sprecher. Bei wichtigen Sachverhalten werde immer gedolmetscht. Zu den Sprachkenntnissen von Justizministerin Brigitte Zypries machte das Ministerium keine Angaben.

Die einzige im Kabinett, die neben Englisch auch eine slawische Sprache spricht, ist Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihr Russisch gilt als sehr gut. Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kann sie sich in seiner Landessprache unterhalten – sofern Putin, der jahrelang in Dresden als KGB-Agent gelebt hat, nicht selbst Deutsch sprechen möchte. Das beherrscht er fließend.

Alice Bota

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