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Thomas de Mazière ist mit der Zusammenarbeit in der Koalition nicht zufrieden.

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Update Exklusiv

"So kann man nicht arbeiten": De Maizière rügt eigene Koalition

In der Debatte um eine europäische Fiskalunion hat Bundesverteidigungsminister de Mazière den Vorstoß einiger Koalitionspolitiker scharf kritisiert. In anderen Fragen verlangt er von seinen Parteikollegen mehr Disziplin.

Von Hans Monath

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat die schwarz-gelbe Koalition zu Disziplin und Konzentration auf politische Nahziele aufgefordert. Der CDU-Politiker kritisierte insbesondere die Vorschläge für eine europäische Fiskalunion scharf.

„Auf den Finanzmärkten haben solche Debatten negative Auswirkungen, weil sie Erwartungen wecken, die nicht sofort erfüllt werden“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Überlegungen seien „weit weg von dem, was jetzt eigentlich ansteht“. In der „handfesten politischen Auseinandersetzung“ solle man sich nun „auf das konzentrieren, was durchsetzbar ist“. Der CDU-Politiker wandte sich auch gegen Spekulationen über ein Verfassungsreferendum. „Bevor wir das Volk über ein neues Grundgesetz abstimmen lassen, müssen wir doch erst einmal in Europa die Verträge ändern“, sagte er. Dies sei sehr schwierig, weil Vertragsänderungen in allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden müssten.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Ende Juni für eine Fiskalunion geworben, für die eine Übertragung deutscher Souveränitätsrechte auf europäische Institutionen notwendig wäre. Er äußerte die Erwartung, dass die Deutschen womöglich schon in wenigen Jahren über das Grundgesetz abstimmen würden. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte entschieden für eine Fiskalunion und ein Referendum geworben. Eine gemeinsame Haftung für Staatsschulden sei notwendig, die aber eine gemeinsame Kontrolle über nationale Haushalte voraussetze. Die beiden anderen potenziellen SPD-Kanzlerkandidaten, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, bekräftigten ihre Unterstützung für diese Position.

Innerhalb der Koalition gehen die Meinungen, ob ein EU-Referendum zum Grundgesetz notwendig ist, weit auseinander. Während CSU-Chef Horst Seehofer und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) eine Volksabstimmung befürworten, warnte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor einer Grundgesetzänderung. „Wir sollten unsere weise und kostbare Verfassung nicht mal so eben infrage stellen“, sagte sie dieser Zeitung. Das Grundgesetz sei auch im Zeitalter der verstärkten europäischen Integration keineswegs obsolet, sondern lasse sehr viel Bewegungsspielraum. „Da ist noch Musik drin“, meinte die Ministerin.

Kurz vor der Rückkehr von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus dem Urlaub forderte de Maizière die schwarz- gelbe Koalition auf, auch beim Umgang mit anderen strittigen Fragen Geschlossenheit zu zeigen. Scharf kritisierte der frühere Kanzleramtsminister den Vorschlag von 13 CDU-Bundestagsabgeordneten zur steuerrechtlichen Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften und die Ankündigung von CDU-Parlamentariern, gegen das Betreuungsgeld zu stimmen. „Wenn sich immer wieder 13, 14, 20 oder 30 Abgeordnete zusammentun, eine Initiative starten und dann erwarten, dass sich andere danach richten, dann lähmt das eine Koalition“, meinte de Maizière: „So kann man nicht arbeiten.“ Solche Vorstöße würden nur dazu führen „dass die Opposition sich ins Fäustchen lacht“.

Während sich Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hinter den Vorstoß zum Steuerrecht gestellt hatte, lehnt Finanzminister Schäuble ihn ab. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte Schäuble in einem Brief auf, seinen Widerstand aufzugeben.

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