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Politik: Socrates – Sozialist und eiserner Regierungschef

Madrid - Wenn Jose Socrates auf Reisen geht, hat er die Joggingschuhe immer im Gepäck. Auch bei Staatsbesuchen stärkt sich der 49-Jährige mit Dauerläufen für die Politik.

Madrid - Wenn Jose Socrates auf Reisen geht, hat er die Joggingschuhe immer im Gepäck. Auch bei Staatsbesuchen stärkt sich der 49-Jährige mit Dauerläufen für die Politik. Die Portugiesen haben ihren sozialistischen Premier, Vater von zwei Söhnen, in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit als eisernen Regierungschef erlebt. Einer, der höchst unpopuläre Steuererhöhungen sowie soziale Einschnitte durchsetzte und auf die seit Monaten andauernden Massenproteste der Gewerkschaften antwortete: „Die Regierung hat nicht vor nachzugeben.“ Und der sogar in der katholischen Bastion Portugal das bis dahin Unmögliche schaffte: das Abtreibungsverbot zu lockern.

Als EU-Ratsvorsitzender könnte Socrates in den kommenden sechs Monaten auch international beweisen, dass er das Steuer in der Hand halten kann. Das Konfliktpotenzial bei dem EU-Grundlagenvertrag, den Beziehungen zu Russland sowie dem umstrittenen Türkeibeitritt ist groß. Und ein außenpolitischer Erfolg würde Socrates auch daheim stärken. Denn in seiner Sozialistischen Partei wird das Murren zunehmend lauter.

Vor allem weil Socrates den Portugiesen wenig Hoffnung auf eine Besserung der ökonomischen Dauerkrise des Landes machen kann. Das Haushaltsdefizit liegt bei mehr als vier Prozent, Renten- und Gesundheitssystem gelten als so gut wie pleite, das Bildungssystem als das schlechteste Westeuropas. Seit dem EU-Beitritt 1986 sind rund 50 Milliarden Euro von Brüssel nach Portugal geflossen, doch das Land ist immer noch das ärmste der alten EU. Viele Portugiesen müssen mit weniger als 1000 Euro im Monat auskommen, hunderttausende haben in den vergangenen Jahren die Heimat verlassen.

Kratzer bekam der Ruf von Socrates, als jüngst Zweifel an seinem Ingenieursdiplom publik wurden, das er sich offenbar erst 1996 zugelegt hat. Zeitungen sprachen von „Unregelmäßigkeiten“ im Hochschulzeugnis des Premiers. Der wies das als „Rufmordkampagne“ zurück. ze

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