zum Hauptinhalt

Politik: Sollen Blauhelme versuchen, sich zwischen machetenschwingende Dschungel-Banden und Dorfbewohner zu stellen? (Kommentar)

Dass das Referendum in Ost-Timor die Probleme der Halb-Insel nicht lösen, sondern verschärfen würde, kann niemanden überraschen. Jetzt rätselt die Welt: Sollen Blauhelme versuchen, sich zwischen Machetenschwingende Dschungel-Banden und Dorfbewohner zu stellen?

Dass das Referendum in Ost-Timor die Probleme der Halb-Insel nicht lösen, sondern verschärfen würde, kann niemanden überraschen. Jetzt rätselt die Welt: Sollen Blauhelme versuchen, sich zwischen Machetenschwingende Dschungel-Banden und Dorfbewohner zu stellen? Politisch ist eine solche Mission gegen den Widerstand Washingtons kaum durchzusetzen, logistisch wäre sie schwierig. Kann Jakarta dazu gebracht werden, dem Morden ein Ende zu gebieten? Natürlich sind Polizisten und Soldaten, die tatenlos zusehen, wie militante Gegner der Eigenstaatlichkeit Zivilisten abschlachten, ein Skandal. Doch welche Regierung würde bereitwillig Truppen in den Kampf schicken, wenn es um die Befriedung einer ohnedies wohl bald unabhängigen Provinz geht? Jakarta ist unwillig, für Ost-Timor die Hand zu rühren. Die Regierung Habibie hat andere Sorgen. Balkanisierung und Domino-Effekt sind für Indonesien die wahre Gefahr - die Gewalt in Timor ist nur ein Vorgeschmack. Nicht nur Jakarta hat kein Rezept dagegen. Dezentralisierung und Demokratisierung sollten ein vom Suharto-Autokratismus geläutertes Indonesien eigentlich zusammenhalten können. Was dem 210-Millionen-Land fehlt, ist Zeit. Hunderttausende Indonesier, die nach Timor umgesiedelt wurden, fürchten die Vertreibung. Die Timoresen wollen die Chance, frei zu sein, beim Schopf packen. Mehr Zeit zur Beruhigung, zum Ausloten von Möglichkeiten, sich ohne zu viel Schmerz zu trennen, wäre gut gewesen. Jetzt herrscht die brutale Eigendynamik des Zerfalls.

rvr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false