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Politik: Sonderjob in Afghanistan

Mehr Einfluss für UN-Gesandten gefordert

Berlin - Kanadas Außenminister Maxime Bernier hatte den Vorschlag Anfang Oktober publik gemacht. Bei der Generalversammlung in New York appellierte er offiziell an die UN, für Afghanistan einen „High Level Special Envoy“, einen hochrangigen Sondergesandten, zu ernennen. Der Grund dafür: Den Vereinten Nationen mangelt es in Afghanistan an Einfluss und Fähigkeit zur Koordination der internationalen Gemeinschaft. Statt der UN spielt bisher eher die Nato die zentrale Rolle. Größtes strukturelles Problem ist dabei, dass den UN beim militärischen Engagement der Einfluss fehlt, doch durch die Militärstrategie wird gerade in Afghanistan auch Politik gemacht.

Ein hochrangiger Sondergesandter könne, ähnlich wie jetzt der frühere britische Premier Tony Blair für den Nahostfriedensprozess, mehr Aufmerksamkeit für die „wichtigste politische Mission der UN“ binden, argumentierte der Kanadier Bernier. Und löste damit auch offiziell die Debatte aus, welcher Politiker das nötige Format für einen solchen Posten haben könnte. Während jetzt über Namen spekuliert wird, darunter Personen wie Ex-Außenminister Joschka Fischer oder Polens Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski, ist aber noch gar nicht klar, wie der Posten eines solchen hochrangigen Sondergesandten genau aussehen soll und ob es ihn tatsächlich geben wird.

Afghanistans Präsident Hamid Karsai jedenfalls behagt die Vorstellung eher weniger, ein internationales politisches Schwergewicht an die Seite gestellt zu bekommen. Er hat dies bereits zum Ausdruck gebracht. Der Staatschef will sich gerade selbst mehr Eigenständigkeit verschaffen und diesen Eindruck auch vor seinem Volk nicht kaputt machen lassen.

Außerdem muss erst noch geklärt werden, was solch ein neuer Posten für die UN-Strukturen selbst bedeuten würde. Schließlich gibt es in Afghanistan bereits einen UN-Sondergesandten. Derzeit hat diesen Posten noch der Grünen-Politiker Tom Koenigs inne; wenige Tage nachdem die offizielle Debatte über einen potenziellen hochrangigen Sondergesandten begann, hat Koenigs offiziell verkündet, dass er nur noch bis zum Jahresende in Afghanistan bleiben wird. Koenigs ist für das Amt nach Kabul gezogen – wenn dies der noch zu findende hochrangige Gesandte wohl nicht tun würde, auch weil er in den Hauptstädten der Geberländer präsent sein sollte, brauchte er einen starken Stellvertreter im Land, der auch die alltäglichen Niederungen der afghanischen Politik durchdringt.

Aber es könnte noch eine andere Variante für die UN in Afghanistan eintreten: Wenn Koenigs Ende des Jahres Kabul verlässt und es noch keinen Nachfolger gibt, hochrangig oder nicht, bliebe die Stelle voraussichtlich erst einmal vakant. Sie würde dann wohl ausgefüllt von einem von Koenigs Stellvertretern, dem – Ironie des Zufalls – Kanadier Christopher Alexander. Ruth Ciesinger

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