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Wann löst Annegret Kramp-Karrenbauer Kanzlerin Angela Merkel ab?

© dpa/Kay Nietfeld

Sonderklausur des Parteivorstands: CDU löst Spekulationen über Merkel-Ende aus

Es ist mehr als ein Routinetermin: Nach der Europawahl tagt der CDU-Vorstand. Nun fragen sich viele in der Union: Geht es dann um die Zukunft der Kanzlerin?

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Der Terminplan der neuen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat in Berlin Spekulationen über eine Kabinettsumbildung, eine Aufkündigung der Koalition mit der SPD oder sogar ein Ende der Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgelöst. Die Parteichefin lud die Führung der Christdemokraten in einer Vorstandssitzung am Montag überraschend zu einer außerplanmäßigen Klausur nach den Wahlen zum Europäischen Parlament und zur Bremer Bürgerschaft ein, die am 26. Mai stattfinden. Der Vorstand soll sich am 2. und 3. Juni treffen.

Die letzte außerplanmäßige Klausur der CDU war im Herbst 2018 von Kanzlerin Merkel einberufen worden, die damals noch Parteichefin war. Sie lud den Vorstand für das Wochenende nach der hessischen Landtagswahl ein. Bei der Wahl konnte die CDU zwar die Führung der Regierung behaupten, verlor aber mehr als elf Prozentpunkte. Merkel erklärte dann am Montag nach der Wahl den Verzicht auf die CDU-Führung.

Nach der Vorstandssitzung kündigte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak an, der Vorstand solle auf der Klausur das Arbeitsprogramm für das zweite Halbjahr 2018 beschließen. „Wir werden auch eine neue Steuerschätzung haben“, sagte er. Die CDU müsse unter Umständen auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Ziemiak verwies auch auf das Treffen der Fraktionsspitzen von Union und SPD Mitte Juni. Auch im Hinblick darauf sei das Arbeitstreffen wichtig.

Sowohl die Union als auch die SPD müssen bei den Europawahlen laut Meinungsumfragen mit Verlusten im Vergleich zu 2014 rechnen. Der Verzicht Merkels auf den CDU-Vorsitz und der Wechsel zu Kramp-Karrenbauer haben sich für die Christdemokraten auch in bundesweiten Umfragen bislang nicht ausgezahlt. Im Europawahlkampf nimmt Merkel einen einzigen Termin wahr.

Neue Krise der schwarz-roten Bundesregierung?

Führende CDU-Politiker schließen im Schutz der Anonymität nicht aus, dass es je nach Ausgang der Europawahl und der Bürgerschaftswahl in Bremen zu einer neuen Krise der schwarz-roten Bundesregierung kommen könnte - bis hin zu einer vorgezogenen Bundestagswahl noch in diesem Jahr. Dies dürfte auch bedeuten, dass Kramp- Karrenbauer rascher als vermutet versuchen dürfte, Merkel als Kanzlerin zu beerben. Ziemiak wies die Vermutung allerdings zurück, es könne bei der Klausur auch um die Zukunft Merkels oder ein „Scherbengericht“ gehen.

Es könnte nach Einschätzung aus der Koalition aber um die Frage gehen, ob die CDU vor den drei Landtagswahlen nach der Sommerpause in Sachsen, Brandenburg und Thüringen einen Neustart braucht. Bei der SPD wird mit Forderungen nach einem Ende der Koalition und einem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles für den Fall gerechnet, dass nach 74 Jahren die sozialdemokratische Regierung in Bremen stürzt.

Steuerschätzung: Union rechnet mit Minus von 15 Milliarden Euro

Tatsächlich könnte die von Ziemiak erwähnte Steuerschätzung am 9. Mai die Spannungen innerhalb der Koalition erhöhen. Wie der Tagesspiegel aus Unions-Kreisen erfuhr, wird mit einem Minus von rund 15 Milliarden Euro im Jahr gegenüber der letzten Schätzung im Herbst 2018 gerechnet. Dann könnte die SPD nur eine abgespeckte Version ihres Lieblingsprojekts einer Grundrente für Geringverdiener erreichen und weitere Koalitionsprojekte in Gefahr geraten, da beide Seiten am Haushalt ohne neue Schulden festhalten wollen. Auch eine von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorgeschlagene Mehrwertsteuersenkung im Bahnverkehr, um mehr Passagiere auf die klimafreundlichere Schiene zu bringen, dürfte dann kaum umsetzbar sein.

Bislang steht fest, dass es im Umfeld der Europawahl zumindest zu einer Neubesetzung im Bundeskabinett kommen wird: Die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley hat angekündigt, ihr Amt als Bundesjustizministerin rund um diesen Termin aufzugeben. Als weiterer Wechselkandidat gilt Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), dessen Arbeit Wirtschaftsverbände und Teile seiner eigenen Partei massiv kritisieren. Falls EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) nicht Kommissionspräsident wird, könnte Altmaier nach Angaben aus der Union als Kommissar nach Brüssel wechseln.

In der Union rätseln viele nun selbst, ob mehr dahinter stecken könnte, auch wenn es aus dem Konrad-Adenauer-Haus heißt, man müsse nicht aufgeregt sein. Aber viel steht am 26. Mai auf dem Spiel. Da die SPD ausgeschlossen hat, Kramp-Karrenbauer zur Kanzlerin zu wählen, könnte es dann auch auf vorgezogene Neuwahlen hinauslaufen.

Merkel soll übrigens kurz nach der Europawahl am 30. Mai eine große Rede an der Harvard-Universität halten. Ende Juni stünden dann der G20-Gipfel im japanischen Osaka an. In der Union werden unterdessen viele Entwicklungen für möglich gehalten, auch weil es diese Konstellation mit einer Kanzlerin und einer Kanzlerin im Wartestand noch nie gegeben hat.

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