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Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner (l.) und der CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet wollen jetzt in Sondierungsgesprächen zueinander finden.

© dpa

Sondierung in Nordrhein-Westfalen: Atmosphärische Differenzen zwischen CDU und FDP

Die Sondierungsgespräche von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen stehen vor größeren Schwierigkeiten. Neben den atmosphärischen gibt es auch erhebliche inhaltliche Differenzen.

Jeder Satz ist wohlüberlegt. Selbst wenn es auf den ersten Blick scheint, als würde Christian Lindner spontan antworten, darf man getrost davon ausgehen, dass er auch in solchen Momenten eine wichtige Botschaft absetzt. Als er jetzt nach den Erfahrungen mit Schwarz-Gelb im Bund gefragt wird, sagt er fast beiläufig: „Wir haben den Wahlabend 2012 nicht vergessen, als Angela Merkel ,an Tagen wie diesen’ gesungen hat.“ Nachdem die Wähler die Liberalen aus dem Bundestag expediert hatten, sangen die Christdemokraten – und selbst die Kanzlerin – den Song der Toten Hosen siegestrunken.

Diesen Abend also hat Lindner bis heute nicht vergessen. Und wenn man nach den Chancen auf eine Neuauflage von Schwarz-Gelb im größten Bundesland fragt, antwortet er demonstrativ mit einem Hinweis auf seine damalige emotionale Verfassung. Wenn er das abgearbeitet hat, schiebt er einige aktuelle Beobachtungen aus dem Wahlkampf nach. Auch die sprechen nicht für eine unproblematische Zusammenarbeit mit der Union: „Ich bin nicht der Wunschpartner von Herrn Laschet, und er ist nicht unser Wunschpartner.“ Selbst wenn man die taktischen Komponenten in solchen Äußerungen berücksichtigt, fällt es nicht leicht, sich die demnächst beginnenden Gespräche vorzustellen. Neben den atmosphärischen gibt es nämlich auch erhebliche inhaltliche Differenzen. Aufseiten der CDU herrschte deshalb im ersten Moment blankes Entsetzen, als die Sozialdemokraten noch vor der ersten möglichen Sondierung eine große Koalition ausschlossen. Bevor das passierte, hatte ein bekannter CDU-Stratege den schönen Satz gesagt: „Lieber GroKo als Großkotz.“ Wer mit Großkotz gemeint ist, war klar: Christian Lindner.

Es hakt schon bei den Ladenöffnungszeiten am Sonntag

In diesem Umfeld werden jetzt Liberale und Christdemokraten sondieren. Auf dem Feld der Wirtschaftspolitik werden sie sich über das Stichwort Bürokratieabbau noch ohne große Probleme unterhalten. Es hakt allerdings schon, wenn es um die Ladenöffnung am Sonntag geht. Die CDU sagt nein, die FDP ja. Schwierig wird es auf den Kernfeldern, die jede neue Landesregierung angehen muss. Sowohl in der Schulpolitik als auch bei der inneren Sicherheit gibt es erhebliche Differenzen.

Die FDP hat der CDU bis heute nicht verziehen, dass man in der Zeit der Minderheitsregierung vor 2012 mit Sozialdemokraten und Grünen einen Burgfrieden in der Bildungspolitik geschlossen hat. Damals wurde der jahrzehntelange Streit um das dreigliedrige Schulsystem beerdigt; man öffnete pragmatisch Kooperationsmöglichkeiten auf lokaler Ebene für die schulformübergreifende Zusammenarbeit. Die FDP tritt dagegen bis heute als letzte Hüterin der Gymnasien auf und wettert gegen den damaligen Kompromiss. Bei der Flexibilisierung von G8 und G9 beschreiten Schwarz und Gelb ebenfalls unterschiedliche Wege.

Noch schwieriger wird ein Kompromiss bei der inneren Sicherheit. Sowohl die Kanzlerin wie Armin Laschet sehen in der Schleierfahndung und weiteren Videoüberwachung das zentrale Instrument, dem Bedürfnis der Bürger nach mehr Sicherheit Rechnung zu tragen. Die Liberalen fürchten vor allem um rechtsstaatliche Grundsätze, sie halten diese Maßnahmen für reine Placebo-Politik. Ein Scheitern an diesem Punkt ist nicht ausgeschlossen, zumal Lindner vor der Bundestagswahl möglichst große Beinfreiheit in Berlin anstrebt und Schwarz-Gelb in Düsseldorf dabei hinderlich wäre.

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