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SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.

© dpa

Sondierungsgespräche Union und SPD: Nahles weist Forderungen aus SPD auf Finanzministerium zurück

Der konservative Sozialdemokrat Johannes Kahrs hat in einer möglichen großen Koalition das Finanzministerium für seine Partei beansprucht. Jetzt pfeift ihn seine Generalsekretärin zurück. Auch andere in der SPD sind verärgert - vor allem über den Stil, nicht so sehr über die Forderung.

Die Suche nach einer neuen Bundesregierung ist eine sensible Angelegenheit, da kommt es manchmal auf jedes Wort an. Vor allem aber auf Forderungen, die öffentlich erhoben werden. Damit werden Preise gemacht und Ansprüche gestellt. Und genau damit hat die SPD zurzeit ein Problem. Denn Johannes Kahrs ist mal wieder unterwegs. Schon vor einigen Tagen hat der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises die Forderung erhoben, dass die SPD das Finanzministerium in einer großen Koalition beanspruche. Damals wurde er von seiner Partei zurückgepfiffen. Nun hat er diese Forderung erneuert und wieder gibt es Kritik aus der eigenen Partei.

Kahrs hatte der "Welt" gesagt, dass es mit der SPD nur ein Regierungsbündnis "Auf Augenhöhe" gebe - und dass die Sozialdemokraten das Finanzministerium bekommen müssten. Nun hat sich SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles klar gegen Forderungen zu Spitzenposten in einer möglichen großen Koalition ausgesprochen. "Johannes Kahrs spricht nicht für die SPD", sagte sie und schob hinterher: "Im Zweifel spricht er nur für sich selbst." Auch Vertreter der Parteilinken reagierten verärgert auf Kahrs. "Es geht jetzt um inhaltliche Positionen, nicht um Posten. Wer das nicht kapiert, hat den Schuss nicht gehört", sagte der saarländische SPD-Chef Heiko Maas zu "Spiegel Online". Maas empfahl seinem Parteifreund einen kleinen Urlaub. "Einige haben nach dem anstrengenden Wahlkampf offenbar einen Erholungsurlaub dringend nötig. Vielleicht gibt's ja irgendwo eine mehrwöchige Spargelfahrt der Seeheimer", sagte er.

Nahles weist Berichte über Dreier-Gipfel von Merkel, Seehofer und Gabriel zurück

Auffällig ist aber, dass die Kritik an Kahrs vor allem eine Stilkritik ist. Seine öffentlichen Äußerungen könnten das wackelige Gebilde aus Zugeständnissen und Forderungen, das Austarieren von Bewegung und Standhaftigkeit ins Wanken bringen. In der Sache selbst gibt es keine harten Dementis. Denn natürlich wäre das Finanzministerium attraktiv für die SPD. Nicht ohne Risiko zwar gerade mit Blick auf die Euro-Krise - aber ein Ressort mit großem Einfluss und viel Macht. Doch tatsächlich ist es für konkrete Angaben darüber, wer welches Ressort für sich beansprucht, noch zu früh. Erstmal muss prinzipiell klar sein, ob es überhaupt zu einer großen Koalition kommt oder nicht. Am Donnerstag sondiert die Union zunächst mit den Grünen.

Berichte, wonach es am Tag danach am Rande einer Bundesratssitzung auch ein Sechs-Augen-Gespräch zwischen CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel geben werde, wies Nahles zurück. "Es gibt keine Verabredung für ein solches Treffen am Freitag“, sagte sie. Seehofer selbst hatte von einem solchen Treffen gesprochen. Nahles CDU-Kollege Hermann Gröhe wollte das Treffen weder bestätigen noch dementieren. Es sei völlig normal, dass es parallel zu Sondierungsgesprächen informelle Kontakte der Hauptakteure von Union und Sozialdemokraten gebe, sei es telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch, sagte Gröhe. Von einer konkreten Terminabsprache wisse er nichts. Union und SPD kommen offiziell am nächsten Montag zu einer zweiten Sondierungsrunde zusammen.

SPD kommt am 20. Oktober zu Parteikonvent zusammen

Die Sozialdemokraten wollen dann auf einem Parteikonvent am 20. Oktober die Sondierungsergebnisse beraten. Dieser soll darüber entscheiden, ob Koalitionsverhandlungen mit der Union aufgenommen werden sollen oder nicht. Der Konvent soll auch dann zusammenkommen, wenn die Union nach den Sondierungen zu dem Ergebnis kommen sollte, dass Koalitionsverhandlungen mit der SPD keinen Sinn hätten. Nahles bezeichnete das Sondierungstreffen am kommenden Montag als die "entscheidende Runde". Schließlich erwarten alle Beteiligten, dass da die wirklich harten und kontroversen Themen wie Mindestlöhne, Steuererhöhungen, aber auch Fragen der Gesundheits- und Pflegepolitik zur Sprache kommen.

Beim Thema Steuererhöhungen gab es am Wochenende Annäherungen. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte Steuererhöhungen keinen "Selbstzweck". Die Union wiederum brachte Investitionen in Forschung und Bildung ins Spiel. Nahles forderte die Union auf, Finanzierungswege aufzuzeigen. Und sie sagte: "Steuererhöhungen sind wahrscheinlich der ehrlichste Weg."

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