zum Hauptinhalt

Politik: „Sonst kriegt das Kind nur mehr Prügel“

Berlin - In der Debatte über Zwangsuntersuchungen von Kleinkindern hat Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) Unterstützung von Wissenschaftlern und vom Bundesjustizministerium bekommen. „Was wir nicht brauchen, ist Aktionismus und Strohfeuer“, sagte die Ministerin am Freitag bei der Vorstellung zweier Modellprojekte zum besseren Schutz von Kindern.

Berlin - In der Debatte über Zwangsuntersuchungen von Kleinkindern hat Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) Unterstützung von Wissenschaftlern und vom Bundesjustizministerium bekommen. „Was wir nicht brauchen, ist Aktionismus und Strohfeuer“, sagte die Ministerin am Freitag bei der Vorstellung zweier Modellprojekte zum besseren Schutz von Kindern. Die Politikerin bekräftigte ihre Ablehnung von Zwangsregelungen und plädierte stattdessen für eine bessere Vernetzung von Ärzten und Behörden im Rahmen eines Frühwarnsystems. Von der Leyen wandte sich auch gegen finanzielle Sanktionen für Eltern, deren Kinder zu den Regeluntersuchungen nicht erscheinen. „Angenommen, Sie nehmen den Eltern zehn Euro, dann kriegt das Kind mehr Prügel“, warnte sie.

Laut von der Leyen unterstützt auch das Bundesjustizministerium ihre Rechtsauffassung, wonach Bundesregelungen zur Einführung von Zwangsuntersuchungen verfassungsrechtlich bedenklich seien. Mehrere Bundesländer hatten der Ministerin in diesem Zusammenhang eine Blockadehaltung vorgeworfen. Die CDU-Politikerin wies dies zurück: Sofern einzelne Länder Zwangsuntersuchungen für nötig hielten, könnten sie diese ohne neue Regelungen über ihre Gesundheitsdienste „sofort einführen“.

Auch der Ulmer Kinderpsychiater Jörg Fegert sprach sich gegen Zwangsmaßnahmen aus. „Es gibt weltweit keine empirischen Belege, dass Sanktionen etwas bewegen können“, sagte er. Der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer zeigte sich wie die Ministerin skeptisch gegenüber staatlichem Druck auf junge Mütter und Eltern. Vielmehr hänge „alles davon ab, dass es gelingt, sie zu Partnerinnen zu machen“, sagte er mit Blick auf verunsicherte und überforderte Mütter.

Das Ministerium unterstützt die von den beiden Wissenschaftlern geleiteten Vorhaben. Pfeiffers Modellprojekt „Pro Kind“ will in vier Bundesländern 280 Familien in sozialen Problemlagen begleiten und unterstützen. Fegerts Projekt „Guter Start ins Kinderleben“ will Familien helfen und die Kompetenz von Ärzten und Betreuern schärfen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 18 000 Kinder wegen Misshandlung, Verwahrlosung oder Vernachlässigung in die Obhut eines Jugendamtes genommen. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. hmt

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false