zum Hauptinhalt

Politik: Souveräner Sieg

Die Wähler Liechtensteins geben Fürst Hans-Adam II. mehr Macht – er kann künftig die Regierung nach Gutdünken entlassen

Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein hat bei der Volksabstimmung über eine neue Verfassung einen souveränen Sieg errungen. In der Mini-Monarchie zwischen der Schweiz und Österreich votierten 64,3 Prozent der Wähler für den Vorschlag Hans-Adams, der sich noch während der Auszählung bei seinen Landsleuten „für das entgegengebrachte Vertrauen“ bedankte. Kritiker des Staatsoberhauptes befürchten nun einen Rückfall in die Zeiten des Absolutismus.

Die Gegeninitiative für „Verfassungsfrieden" hatte keine Chance, nur 16,5 Prozent der 17 000 Wahlberechtigten stimmten für die Alternative. Die sehr hohe Wahlbeteiligung von etwa 88 Prozent spiegelt die emotional geführte Debatte zwischen dem Fürsten und seinen Gefolgsleuten einerseits und den Gegnern Hans-Adams andererseits wieder.

Der Monarch hatte die Abstimmung zu einem Referendum über die Monarchie stilisiert. Helfer des Fürsten pflasterten das Ländle mit Plakaten „Ja zur Fürstenfamilie" zu. Hätten die Untertanen Hans-Adam eine Abfuhr erteilt, wäre er ins Wiener Exil gezogen.

Die Kernpunkte der neuen Konstitution: Der Fürst hat das Recht, die Regierung nach eigenem Gutdünken zu entlassen. Bis jetzt konnten die Kabinettsmitglieder nur im Einvernehmen von Fürst und Landtag ihrer Ämter enthoben werden. Der Fürst könnte weiterhin per Notverordnung quasi diktatorisch regieren; wann ein Notstand ausgerufen wird, ist in der neuen Verfassung nicht klar geregelt. Zudem wird das Vetorecht des Fürsten gegen Gesetzesentwürfe gestärkt.

Als Zugeständnis an das Volk wertet der Fürst die neue Möglichkeit, über eine Volksinitiative die Monarchie abzuschaffen. Gegner Hans-Adams wie der Rechtsanwalt Peter Sprenger wollen das allerdings nicht gelten lassen: „Das ist pure Augenwischerei. Niemand will ernsthaft die Staatsform der Monarchie abschaffen. Dem Volk sollten mehr wirkliche demokratische Rechte gewährt werden.“ Die angestrebte Revision der Verfassung von 1921 hat auch außerhalb des Zwergstaats rege Anteilnahme gefunden. Eine Kommission des Europarates wertet die Vorschläge des Fürsten als einen „schwerwiegenden Rückschritt“: Dieser „könnte zur Isolation Liechtensteins innerhalb der europäischen Staatengemeinde führen.“

Jan Dirk Herbermann[Genf]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false