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Politik: Sozialismus, Version 2.0

Die PDS hat ein neues Parteiprogramm: Es bekennt sich zur Marktwirtschaft und distanziert sich von SED-Verbrechen

PDS-Parteichef Lothar Bisky war sichtlich erleichtert. Die etwa 400 Delegierten des Parteitages hatten am Sonntag gerade noch die Kurve bekommen. Sie haben der PDS ein neues Programm gegeben, nach fünfjähriger Debatte. Mit 333 Ja-Stimmen wurde die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der gewählten 428 Delegierten deutlich erreicht. Selbst die meisten Kritiker schienen beschwichtigt: Die Wortführerin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, enthielt sich und stimmte nicht gegen das neue Programm. Bisky hatte seine politische Zukunft von der Zustimmung abhängig gemacht. „Das ist ein wichtiger Schritt zurück in die Politik“, sagte der Parteichef am Ende des zweitägigen Parteitages. An die PDS-Mitglieder appellierte Bisky: „Wir müssen jetzt auch handeln, hinein in die Gesellschaft.“

Der Weg zum neuen Parteiprogramm war mühsam. Mehr als 500 Änderungsanträge waren vor dem Wochenende zum Programmentwurf eingegangen. Um den Konflikt mit der Parteilinken zu entschärfen, war die Parteispitze den Kritikern schon im Vorfeld entgegengekommen und hatte einige Änderungswünsche übernommen. Umstritten waren vor allem vier Punkte: ob die Sozialisten im Ausnahmefall auch Militäreinsätze akzeptieren, wie sie mit Gewinnstreben umgehen, das Verhältnis zur eigenen DDR-Vergangenheit und der Umgang mit Regierungsbeteiligungen. Nach zwei Tagen verständigte sich die Partei auf ein Programm, das bei strittigen Fragen schwammig bleibt.

Die PDS akzeptiert erstmals vage die Prinzipien der Marktwirtschaft. „Unternehmerisches Handeln und Gewinninteressen“ werden als wichtige Voraussetzungen für Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit genannt, wenn auch mit Einschränkungen. Unternehmerisches Handeln dürfe sich nicht auf „betriebswirtschaftliche Logik“ beschränken. Die Gewerkschaften sollten starken Einfluss und der Staat die Möglichkeit zur Kontrolle und zum Eingriff erhalten. Die PDS will dies aber nicht als ein Ja zur Marktwirtschaft verstanden wissen; langfristiges Ziel bleibe es, den Kapitalismus zu überwinden.

Bei der Friedensfrage hatte die Linke befürchtet, dass es zu einer Aufweichung der Parteitagsbeschlüsse in Münster vor drei Jahren käme. Damals hatte die PDS jede Art von Militäreinsätzen konsequent ausgeschlossen. Erstmals spricht sich nun die PDS indirekt für UN-Friedenseinsätze in Ausnahmefällen aus, aber ohne Beteiligung der Bundeswehr. Bisky beruhigte die Delegierten: Die PDS bleibe eine „konsequente Antikriegspartei“. Eine kleine, erboste Minderheit sieht dennoch das Image als Friedenspartei gefährdet.

In ihrer Präambel distanziert sich die PDS ausdrücklich und „unumkehrbar“ von den Verbrechen der SED-Diktatur. Die auf Parteitagen sonst üblichen Beschimpfungen der PDS-Regierungsbeteiligungen blieben dieses Mal weitgehend aus: Für die rot-roten Regierungen gab es sogar ein wenig Lob. Damit habe die Partei „unter schwierigen Bedingungen Politikfähigkeit bewiesen“, heißt es im Programm. Berlins Parteichef Stefan Liebich betonte mit Blick auf die schwierige Haushaltslage der Stadt: „Wir können uns nicht aussuchen, unter welchen Bedingungen wir in Regierungen eintreten.“

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