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Sozialpolitik: Bildungspaket: Empfänger unbekannt

Das Bildungspaket für Kinder aus sozial schwachen Familien wird bislang kaum angenommen. Warum ist das so und was muss geschehen, damit es seine Wirkung entfaltet?

Seit Ende März ist das Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien in Kraft, doch nur wenige Eltern haben bislang die Leistungen beantragt. Damit ihr Vorzeigeprojekt nicht zum Flop wird, lädt Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Donnerstag Vertreter aus Kommunen und Ländern zum runden Tisch ein, um über die Anlaufprobleme zu beraten. Eines ist dabei absehbar: Die Eltern der rund 2,5 Millionen Kinder, die Anspruch auf das Bildungspaket haben, sollen mehr Zeit bekommen, auch rückwirkend für die Zeitraum von Januar bis März einen Antrag zu stellen. Bisher sieht das Gesetz vor, dass die Frist dafür Ende April endet, nun soll es Mitte des Jahres werden.

In Berlin stehen rund 200.000 Kindern aus armen Familien Zuschüsse aus dem Bildungspaket zu – doch der Ansturm auf die Behörden blieb bislang aus. Im Jobcenter Steglitz-Zehlendorf seien seit Januar 165 Anträge eingegangen, in Charlottenburg-Wilmersdorf etwa 200, in Pankow an die 1000, berichtet Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. Nach einer Umfrage von „Spiegel Online“ haben in den größten deutschen Städten erst zwei Prozent der Berechtigten einen Antrag gestellt.

Der Hartz-IV-Experte des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Uwe Lübking, hält die bisherigen Zahlen zur Nutzung des Bildungspakets allerdings nicht für aussagekräftig. „Das Bildungspaket als Flop zu bezeichnen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt absolut unseriös. Die Eltern können seit gerade mal zwei Wochen die Leistungen für ihre Kinder beantragen. Da gibt es keinen Grund, nervös zu werden“, sagt Lübking. Er rechnet damit, dass die Zahl der Anträge in den nächsten Wochen steigen wird. Schließlich hatte die Politik wochenlang über die Hartz-IV-Reform und die Umsetzung des Bildungspakets gestritten, für das nun die Kommunen zuständig sind. Erst mit der Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten am 25. März trat das gesamte Paket in Kraft.

Dass bislang so wenig Eltern rückwirkend Leistungen beantragt haben, führt Kommunalvertreter Lübking auch darauf zurück, dass viele Städte bislang schon die Mittagsverpflegung für Kinder aus Hartz-IV-Familien in Schulen bezuschusst hätten. „Da haben die Eltern natürlich keinen Bedarf gesehen, zum Jobcenter zu gehen. Das wird sich ändern, wenn demnächst die Länder ihre Programme zurückfahren“, prognostiziert Lübking. Denn künftig will der Bund die Kosten für das Mittagessen in der Schule oder Kita übernehmen – und erstattet den Kommunen das Geld dafür.

Die Rückmeldungen, die Lübking aus den Kommunen bekommt, zeigen: Bei den Eltern sind vor allem die Zuschüsse für das Mittagessen in Schule oder Kita gefragt – in Paderborn machte dies etwa 80 Prozent der Anträge aus. An zweiter Stelle stehen die Vereinsbeiträge, die mit zehn Euro im Monat bezuschusst werden. „Schleppend läuft die Lernförderung an. Da sind aber auch die Hürden am höchsten.“

Bei ihrem Treffen sollten Bund und Länder sich auf eine konzertierte Aktion verständigen, um möglichst viele der betroffenen Kinder zu erreichen, fordert Lübking. Der Vertreter des Städte- und Gemeindebunds regt an, beispielsweise die Eltern direkt anzuschreiben. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte vor kurzem den 120.000 Familien, die vom Staat einen Kinderzuschlag erhalten, einen Brief mit Informationen über das Bildungspaket geschickt. Entsprechende Briefe an Hartz-IV-Familien gab es bislang nicht. Darüber hinaus, fordert Lübking, sollten Infomaterialien über die Kitas und Schulen verteilt werden.

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