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Politik: Sozialpsychologe Scholl über Menschen mit gefährlichen Hunden (Interview)

Wolfgang Scholl (56) ist Professor für Organisations- und Sozialpsychologie an der Humboldt-Universität (HU) Berlin. Zudem ist er Gründer und Vorsitzender von "artop", einem Institut für Arbeits- und Technikgestaltung sowie Organisations- und Personalentwicklung an der HU.

Wolfgang Scholl (56) ist Professor für Organisations- und Sozialpsychologie an der Humboldt-Universität (HU) Berlin. Zudem ist er Gründer und Vorsitzender von "artop", einem Institut für Arbeits- und Technikgestaltung sowie Organisations- und Personalentwicklung an der HU.

Warum haben Menschen Kampfhunde?

Eine Motivation ist der Versuch, Sicherheit für sich zu gewinnen, vor allem bei Leuten, die sich gefährdet fühlen. Zudem ist es eine Art Selbstergänzung. Der Hund wird Teil des eigenen Selbstbildnisses, wie man sich in der Öffentlichkeit zeigt. Mit einem Kampfhund präsentiert man sich als stark. Aber auch die Schwachen der Gesellschaft, die underdogs, haben oft Hunde, um zu zeigen, so schwach, so machtlos, sind wir gar nicht. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, für die Stärke zeigen ein absolut dominierendes Gefühl ist.

Es geht um Macht?

Auch. Es geht vor allem um Kampf. Viele Menschen begreifen das Leben im engeren Sinne als Kampf und suchen Mittel, wie sie diesen Kampf positiv entscheiden. Die Möglichkeit der Kooperation, um den Nutzen für alle zu mehren, wird zu wenig gesehen.

Es fehlt an sozialer Kompetenz, an Sensibilität für die Ängste anderer?

Ja. Menschen sind in ihrem Denken mehr oder minder egozentrisch. Sie können sich oft nicht vorstellen, wie es anderen ergeht. Sie sind viel zu wenig geübt, sich in die Positionen anderer hineinzuversetzen und Rücksicht zu nehmen. Frauen verhalten sich eher rücksichtsvoller als Männer. Aus sozialer Kompetenz heraus würde sich wohl niemand einen Kampfhund anschaffen. Soziale Kompetenz heißt, seine Handlungen so zu gestalten, dass sie Beziehungen positiv beeinflussen. Das gilt natürlich in erster Linie dort, wo man viel mit Menschen zu tun hat, wie in Betrieben oder in der Familie. Aber es gilt auch auf der Straße.

Warum fürchten vor allem Kinder, aber auch Erwachsene Hunde?

Es ist für sie zunächst ein unbekanntes Wesen, das ihnen zu nahe kommt. Je größer der Hund, umso größer die Angst. Es sei denn, sie haben einen Hund zu Hause. Kinder zeigen ihre Angst unmittelbar, obwohl es Erwachsenen oft auch so geht. Erwachsene zeigen Ausweichverhalten, sie wechseln die Straßenseite, sie haben gelernt, vorbeugend mit ihrer Angst umzugehen. Und sie wollen sie sich nicht anmerken lassen.

Ist das Statussymbol Kampfhund in erster Linie ein Phänomen von Großstädten?

Zunächst würde ich vermeiden, von Statussymbol zu sprechen. Das Fachwort wäre symbolische Selbstergänzung. Die kann ich beispielsweise durch ein passendes Outfit zeigen, einen Anzug, ein Auto. Ich versuche, um mich eine Aura des Erfolges zu verbreiten. Oder eben eine Aura von Macht: Sieg im Kampf. Dann schmücke ich mich symbolisch mit einem Kampfhund. Zur Großstadt: Dort gibt es das Phänomen "crowding". Es bedeutet zu hohe menschliche Dichte. Das kann Angst erzeugen, weil man zu wenig geschützten eigenen Raum hat. Es kann auch Aggressivität fördern. Das Interview führte Armin Lehmann

Warum haben Menschen Kampfh, e?

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