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Politik: Sozialstaat Deutschland: Versuch mit Mozart

Zuschüsse zur Miete, Beratung über Kurse zur beruflichen Weiterqualifizierung, Unterstützung beim Lebensunterhalt, Mobilitätshilfen - jeder, der schon einmal über längere Zeit arbeitslos war, weiß, wie schnell das eigene Geld knapp ist und er auf Hilfen angewiesen ist. Bislang sind zwei Ämter dafür zuständig: die Arbeits- und die Sozialämter.

Zuschüsse zur Miete, Beratung über Kurse zur beruflichen Weiterqualifizierung, Unterstützung beim Lebensunterhalt, Mobilitätshilfen - jeder, der schon einmal über längere Zeit arbeitslos war, weiß, wie schnell das eigene Geld knapp ist und er auf Hilfen angewiesen ist. Bislang sind zwei Ämter dafür zuständig: die Arbeits- und die Sozialämter.

Die Arbeitsämter zahlen Arbeitslosenhilfe und helfen bei Weiterbildung und Arbeitssuche. Dazu kommen die Sozialämter in den Städten und Kommunen, wo es die notwendigen Zuschüsse gibt, wenn das Geld vorn und hinten nicht mehr reicht. Knapp 1,5 Millionen Menschen beziehen Arbeitslosenhilfe, berichtete Sozialminister Walter Riester (SPD) am Mittwoch in Berlin. Fast 700 000 Arbeitslose bekommen Sozialhilfe. Bislang müssen sich Arbeitslose auf den Weg zu beiden Ämtern machen, wenn sie Hilfe suchen. Doppelte Bürokratie und Leerlauf durch fehlende Informationen sind die Folge. "Wir werden das prüfen", hören die Hilfesuchenden dann. Und die Prüfung dauert, wenn zwei Behörden ein Wörtchen mitzureden haben. Riester will, dass das besser wird. Mit rund 30 Millionen Mark fördert der Bund daher jetzt bundesweit 28 Modellprojekte. Unter dem Namen "Mozart" laufen sie unter anderem in Hamburg, Pirmasens, Cottbus und im brandenburgischen Belzig. "Nachdem Verdi schon von der Dienstleistungsgewerkschaft belegt ist, versuchen wir es mit Mozart", meinte ein sichtbar gut gelaunter Sozialminister.

Riester ist auf diesen Namen wohl kaum gekommen, weil Wolfgang Amadeus Mozart am Ende seines kurzen Lebens arm und bedürftig war. Hinter der Abkürzung verbergen sich in schönstem Amtsdeutsch die "Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe". Sozial- und Arbeitsämter sollen in diesen Modellprojekten besser verzahnt werden. Mit dem "Verschiebebahnhof der Probleme" soll Schluss sein, meinte Riester.

Wo diese Zusammenarbeit der beiden Behörden bereits praktiziert wird, seien die Vermittlungen von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt "weit über dem Durchschnitt", sagte der Minister. Die Hilfe für die Arbeitslosen sei bei der Zusammenarbeit zielgenauer, und die jährlich 25 Milliarden Mark Arbeitslosenhilfe und die fast 20 Milliarden Mark Sozialhilfe für Arbeitslose ließen sich durch die Zusammenführung wesentlich effizienter einsetzen. Ziel der Aktion laut Riester: "Aus Leistungsempfängern wieder Beschäftigte machen". So würden in den Modellprojekten von Sozial- und Arbeitsämtern unter anderem auch Eingliederungspläne für Arbeitslose erarbeitet.

Auf mittlere Sicht will der Sozialminister die beiden Systeme, Arbeitslosen- und Sozialhilfe, überall zusammenführen. "Diese Systeme müssen zusammenwachsen", forderte er. Am Ende der nächsten Wahlperiode, also 2006, möchte Riester dieses Ziel erreicht haben. Vor der Bundestagswahl 2002 will er das Thema aber nicht mehr aufgreifen. Zwei gewachsene, sehr unterschiedliche Fürsorgestrukturen ließen sich nicht einfach per Federstrich zusammenführen.

Carsten Germis

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