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Sozialstaatsdebatte: Westerwelle sieht Millionen auf seiner Seite

FDP-Chef Guido Westerwelle sieht in der Hartz-IV-Debatte keinen Grund zur Selbstkritik oder zu Diskussionen über eine veränderte Führung seiner Partei. Es dürfe "die Meinung mancher Kommentatoren" nicht verwechselt werden "mit der Meinung unseres Volkes", sagt er.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Glaubt man den Parteistrategen in der FDP-Zentrale in Berlin, dann hat Guido Westerwelles Offensiv-Attacke zur Rettung der liberalen Regierungsbeteiligung in Nordrhein-Westfalen erste Früchte getragen. Innerhalb der letzten vier Tage, so hieß es im Thomas-Dehler-Haus, seien das Abgeordnetenbüro von Westerwelle und die Parteizentrale regelrecht überflutet worden von Mails und Briefen. 4500 Einsender insgesamt – gut 3000 positiven Inhaltes – hätten sich mit Westerwelles Warnung vor einer Anhebung der Hartz-IV-Sätze und den Folgen der „spätrömischen Dekadenz“ auseinandergesetzt. Westerwelle selbst sagte den „Ruhr-Nachrichten“, er sehe gar „Millionen Bürger“ auf seiner Seite. Auch aus Nordrhein-Westfalen (NRW) berichteten liberale Bundestagsabgeordnete, dass FDP-Mitglieder und Sympathiesanten positiv auf Westerwelles Offensive reagiert hätten. Statistische Erkenntnisse, hieß es im FDP-Landesverband, könne man noch nicht vorlegen. Dafür sei noch zu wenig Zeit vergangen, außerdem befinde sich das Bundesland im Karneval.

Nach dem Hartz- Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hatte der FDP-Vorsitzende und Vizekanzler vor einer Ausweitung der Hartz- IV-Sätze gewarnt und eine Debatte über das Verhältnis von Leistungserbringern und Leistungsbeziehern gefordert. Der breiten Kritik daran war er mit dem Vorwurf begegnet, wenn man über das Ausmaß des Sozialstaates in Deutschland nicht mehr offen reden dürfe, dann herrsche „geistiger Sozialismus“.

Die hitzige Diskussion um Westerwelles Vorstoß und seine Wortwahl fällt zeitlich zusammen mit dem Entschluss des FDP-Vorsitzenden, in den verbleibenden Wochen bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai offensiv in den Wahlkampf einzugreifen. Nach dem missglückten Start der schwarz-gelben Koalition in Berlin muss die FDP in NRW um ihr Wahlergebnis und den Verbleib in der schwarz-gelben Landesregierung fürchten. Die Einführung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Hotels einerseits und die schwindenden Aussichten für die Senkung der Steuern und eine Gesundheitsreform nach FDP-Vorstellungen andererseits haben wenige Wochen vor der Wahl offenbar sowohl liberale Stammwähler als auch zur Bundestagswahl gewonnene Unions- und SPD-Anhänger irritiert. Mit einem Steuerkonzept, Gegenfinanzierungsplänen und klassisch liberalen Wahlkampfparolen will Westerwelle nun insbesondere Stammwähler überzeugen. Antje Sirleschtov

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