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Politik: Sozialverbände für feste Heimärzte

Caritas, Diakonie und AWO sehen Initiative von Ministerin Schmidt positiv – mit Einschränkungen

Berlin - Das Diakonische Werk hat die Absicht von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) begrüßt, Pflegeheimen die Anstellung eigener Mediziner zu ermöglichen. Es sei „notwendig, dass man die medizinische Versorgung alter Menschen in den Heimen verbessert“, sagte Diakonie-Präsident Klaus-Dieter Kottnik dem Tagesspiegel. „Es gibt hier Defizite, und es ist gut, dass die Politik das angehen möchte.“ Allerdings gab Kottnik zu bedenken, dass in den Heimen nicht nur Allgemeinmediziner, sondern auch Fachmediziner wie Augenärzte, Orthopäden oder Kardiologen benötigt würden.

Zwar wäre es „von sehr großem Vorteil, wenn es einen festen Ansprechpartner gibt“, sagte der Diakonie-Präsident. Auch in großen Einrichtungen hätten fest angestellte Ärzte Sinn. „Am sinnvollsten aber wäre es, wenn die Heime durch niedergelassene Ärzte versorgt werden könnten, was nicht überall in einer umfassend guten Weise geschieht.“ Hierfür müssten mehr Anreize geschaffen werden.

Ähnlich sieht das die Caritas. Am hilfreichsten wäre es, wenn Arztbesuche in Pflegeheimen besser vergütet würden, sagt Andreas Leimpek-Mohler, Geschäftsführer des Verbands katholischer Altenhilfe in Deutschland. Verbesserungsbedürftig sei vieles an der medizinischen Versorgung in Heimen – insbesondere bei der Versorgung durch geriatrisch ausgebildete Fachärzte. Auch die Möglichkeit, Ärzte fest anzustellen, sei sinnvoll. Allerdings müsse dies freiwillig geschehen. „Sobald das verpflichtend würde, wäre es ein immenser Eingriff in die Kultur der Pflegeheime.“ Schließlich handle es sich um „Orte zum Wohnen“, nicht um Kliniken. Und da müsse natürlich auch „jeder seinen eigenen Arzt mitbringen“ dürfen.

Defizite gibt es indessen auch aus Medizinersicht. „Ein großer Teil der Heimbewohner ist nicht mehr in der Lage, aus eigener Erinnerung so präzise Informationen zu geben, dass auch jeder fremde Notdienst genau Bescheid weiß“, sagte Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, dem Tagesspiegel. Die im Heim vorhandene Behandlungsdokumentation sei „manchmal etwas knapp“ und jede Lücke in der ärztlichen Begleitung der Heimbewohner führe „zu häufigeren Krankenhauseinweisungen und auch zu einem möglichen Durcheinander in den Verordnungen“. Allerdings stünden auch angestellte Ärzte nicht rund um die Uhr zur Verfügung. Zudem hätten die Heime kaum genug Geld für ärztliche Rund-um-die-Uhr-Dienste. Dennoch solle man nach guten Erfahrungen mit Modellprojekten in Berlin ähnliche Projekte nun auch in Flächenländern testen – „damit wir wissen, ob die oft beeinträchtigte Lebensqualität der Heimbewohner dadurch wirklich verbessert werden kann“. Erfahrungen mit der Möglichkeit, Heimärzte anzustellen, gebe es bereits in der Behindertenhilfe, sagt Diakonie- Chef Kottnik. Allerdings seien die Erfahrungen hier nicht sehr positiv. Da man die Ärzte aus dem vorhandenen Budget bezahlen müsse, werde diese Möglichkeit kaum genutzt. „Insofern befürchte ich, dass der vorgesehene Paragraf trotz aller gut gemeinten Absicht nicht greift.“

Nicht nur in Berlin, sondern auch in München rechnet sich indessen ein entsprechendes Modellprojekt durchaus. Seit 2002 arbeitet dort ein Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt mit einem festangestellten Arzt. Der Einspareffekt liege pro Jahr bei 222 000 Euro, sagt AWO-Geschäftsführer Jürgen Salzhuber. Ziehe man die Kosten für den Arzt ab, bleibe immer noch ein Plus von mehr als 100 000 Euro. Die Pflegekassen profitierten durch rund 30 Prozent weniger Klinikeinweisungen. Und die Pflegekräfte seien zufriedener, es gebe kaum noch Fluktuation.

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