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Politik: Spalten statt versöhnen

Der Streit um Zypern bringt die türkische EU-Bewerbung in Gefahr

Rauf Denktasch ist am Verhandlungstisch geblieben – diese auf den ersten Blick unspektakuläre Tatsache sorgte am Mittwoch bei der türkischen Regierung in Ankara für Erleichterung. Denktasch, der Chef der türkischen Zyprer, traf in der Nacht am UN-Sitz in New York mit UN-Generalsekretär Kofi Annan und dem griechisch-zyprischen Präsidenten Tassos Papadopoulos zusammen, um über eine Wiedervereinigung Zyperns zu verhandeln; die Gespräche sollten in der Nacht zum Donnerstag fortgesetzt werden. Wenn die Zypern-Verhandlungen erneut an Denktasch scheitern, wäre das ein kaum verkraftbarer Rückschlag für die türkische EU-Bewerbung.

Zum ersten Mal seit der Teilung Zyperns nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention 1974 verfolgen Denktasch und seine Beschützer in der Türkei nicht dieselben strategischen Ziele. Denktasch als Chef des türkischen Teils Zyperns ist im Grunde gegen eine Wiedervereinigung der Insel – er verweist auf den Bürgerkrieg der sechziger und siebziger Jahre, als die türkische Minderheit der griechischen Mehrheit unterlegen war. Eine permanente Trennung durch eine Zwei-Staaten-Lösung auf Zypern wäre aus Denktaschs Sicht das Beste.

Dagegen dringt die türkische Regierung auf eine rasche Wiedervereinigung Zyperns, weil ein Scheitern der Friedensbemühungen die eigene EU-Kandidatur schwer belasten würde.

In den vergangenen Wochen versuchten Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und seine Minister, Denktasch und dessen Anhänger in der Türkei – besonders in der Armee – auf die neue Linie einzuschwören. Denktasch will sich aber dem Willen Erdogans nicht unterwerfen. „Mister No" wird der für seine Hartnäckigkeit bekannte Volksgruppenführer inzwischen selbst in der türkischen Presse genannt. Erdogan warnte unverhohlen, die türkischen Zyprer würden einen hohen Preis bezahlen, wenn sich Denktasch bei den Verhandlungen in New York quer stelle.

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