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Spanien: Madrid steht still

Ein Metro-Streik lähmt Spaniens Hauptstadt. Die Regierung hat dem öffentlichen Dienst Gehaltskürzungen von fünf Prozent verordnet. Für September kündigen die Gewerkschaften einen Generalstreik an.

Gähnende Leere in den U-Bahn-Tunneln im Bauch der Metropole. Chaos über der Erde, auf den Straßen der spanischen Hauptstadt Madrid. Ein nun schon seit Montag andauernder wilder Streik der 7600 Angestellten der Untergrundbahn, der Metro, bringt die Millionenstadt an den Rand des Ausnahmezustandes. „Komm schnell und pünktlich ans Ziel“, wirbt die Metro-Gesellschaft, ein öffentlicher Verkehrsbetrieb der Region Madrid. Dieser Slogan an den Eingängen der verrammelten Metro-Schächte treibt vielen Menschen die Zornesröte ins Gesicht. Hunderttausende wissen nicht, wie sie zur Arbeit ans andere Ende der Stadt gelangen sollen. „Hijos de puta“ – Hurensöhne, ist noch eine der bravsten Beschimpfungen, die man hört. Lange Schlangen gibt es an den Taxi-Haltepunkten. Etwa im Herzen Madrids, am wohl berühmtesten Platz in der City, der Puerta del Sol. Schon seit einer halben Stunde fährt keine der weiß lackierten Droschken mehr vor.

„Wir leiden alle unter der Krise“, schimpft Antonio Manuel, der sich an der Taxihaltestelle die Beine in den Bauch steht. „Warum müssen uns die Metro-Angestellten jetzt auch noch das Leben schwer machen?“ Das Metro-Personal streikt gegen Lohnkürzungen, die Spaniens Regierung im öffentlichen Dienst durchsetzte, um die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Madrids rote Stadtbusse verkehren zwar, sind aber so voll, dass die Fahrgäste wie Sardinen zusammengedrängt stehen. Umfallen oder Bewegung ist nicht möglich, Atmen nur unter Schwierigkeiten. Der Fahrer eines ankommenden Busses winkt ab, lässt niemanden mehr einsteigen. „Kein Platz mehr“, knurrt er durchs Fenster. Ohnehin ist es an diesen Chaostagen das Beste, zu Hause zu bleiben. Oder zu Fuß zu gehen. Obwohl dies bei brütender Hitze von 36 Grad im Schatten alles andere als ein Vergnügen ist. Doch monumentale Staus auf fast allen Straßen der Innenstadt lassen auch die Taxi- oder Busfahrt zu einer quälend langen Reise werden.

Die sozialdemokratische Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Zapatero hat allen Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst Gehaltskürzungen von durchschnittlich fünf Prozent verordnet, um das riesige Schuldenloch zu stopfen, dass sich nach Jahren ungebremster Ausgabenwut im Staatshaushalt wie in den kommunalen Finanztöpfen auftat.

Der harte Reform- und Sanierungsplan, der zudem Steuererhöhungen und eine Lockerung des Kündigungsschutzes vorsieht, provozierte eine Welle von Protesten in Spanien. Gerade erst streikten die Eisenbahner. Auch die Beamten, zu denen Lehrer, Ärzte und Straßenreiniger zählen, legten bereits die Arbeit nieder.

Weitere Proteste im Königreich der staatlichen Schuldenrekorde und Massenarbeitslosigkeit, die inzwischen die 20-Prozent-Marke übersprungen hat, dürften folgen. Für September haben die Gewerkschaften einen landesweiten Generalstreik angekündigt. Nicht nur Madrid steht somit ein buchstäblich heißer Sommer bevor.

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