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Schlechter Zustand. Spaniens Kronzprinz Felipe inspiziert die Truppe.

© REUTERS

Spanien: Ohne Benzin und Perspektive

Die Krise trifft das spanische Militär hart. Das Land kann seine Armee nicht mehr unterhalten - und ist längst auch keine Jobmaschine mehr.

Madrid - Eingemottete Panzer, Lastwagen ohne Benzin, an die Leine gelegte Marineschiffe, verstaubte Jets: Spaniens tiefe Finanzkrise hat auch die spanische Armee erreicht, die nach drastischen Etatkürzungen nur noch beschränkt einsatzfähig ist. Die Stärke der Berufsarmee, die derzeit noch bei 130 000 Soldaten liegt, schrumpft. Und die Generäle wissen nicht, wie sie jene milliardenschweren Rüstungsaufträge für Leopard-Panzer, Eurofighter und A400M-Lufttransporter abstottern sollen, die zu besseren Zeiten unterschrieben wurden.

„Komm zu uns“, umwarben die Streitkräfte jahrelang Spaniens Jugend. „Wir bieten dir eine Zukunft.“ Die Bewerber standen Schlange vor den Rekrutierungsbüros im ganzen Königreich. Eine Stelle in der Berufsarmee erschien als interessante Perspektive mit guten Aufstiegschancen und der Aussicht auf spannende Auslandseinsätze. Doch diese goldenen Zeiten sind vorbei. Die Anwerbebüros des Militärs sind verrammelt. Die Armee muss sparen: Die Löhne der Militärs wurden – wie übrigens jene aller Staatsdiener – gesenkt, ein Einstellungsstopp verhängt. Der Staat hat kein Geld mehr für seine Soldaten.

Spaniens Berufsarmee besteht derzeit aus etwa 80 000 einfachen Infanteristen und Marinesoldaten sowie 50 000 Offizieren. Der Frauenanteil liegt immerhin bei rund zwölf Prozent und ist einer der höchsten innerhalb der EU; nur in Führungspositionen rücken die Soldatinnen selten vor. Bis zum Jahr 2025 soll die Armeestärke um bis zu 15 000 Stellen gestutzt werden.

Seit 2008, als die tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise Spanien erstmals ins Wanken brachte, wurde den Streitkräften ein ganzes Viertel ihres Etats gestrichen. Jetzt, im Jahr 2012, haben die Generäle noch 6,3 Milliarden Euro zur Verfügung, 2013 werden es nur noch 5,7 Milliarden sein; drei Viertel dieser Summe gehen allein für den Sold des Personals drauf. Der Etat schrumpfte inzwischen auf jenes Niveau, das vor zehn Jahren zur Verfügung stand.

Der Militärwehrdienst war in Spanien bereits im Jahr 2002 abgeschafft worden. Einsätze als Friedenssoldaten, Katastrophenhelfer und Waldbrand-Bekämpfer haben das Ansehen und das Selbstbewusstsein der Truppe erheblich gehoben. Ungeliebte Kasernendienste, wie Toilettenputzen, Hofkehren, Kochen und Instandhaltung hat man privatisiert und angestellten Zivilisten überlassen.

Doch die Euphorie ist verflogen, die Frustration groß. Auch weil der Spararmee nun ihre Ausrüstung abhandenkommt: Rund 50 Prozent aller Fahrzeuge sind stillgelegt worden. Panzern werden Öl und Treibstoffe abgepumpt, damit sie den langen „Winterschlaf“ überleben. Kriegsspiele und Manöver werden immer öfter durch Computersimulationen ersetzt. Sogar Spaniens einziger Flugzeugträger „Principe de Asturias“, der allein 30 Millionen Euro im Jahr kostet, soll an die Kette.

Verteidigungsminister Pedro Morenes, oberster Mangelverwalter der Armee, beschreibt die neue militärische Herausforderung so: Die Streitkräfte müssten versuchen, wenigstens „minimale operative Fähigkeiten“ aufrecht zu halten. In der Armee wächst derweil der Unmut über den unfreiwilligen Abrüstungskurs. „Wenn das weiter so geht“, beschrieb ein Offizier in einem veröffentlichten Protestbrief die Lage, „schaffen sich die Streitkräfte bald selbst ab.“ Ralph Schulze

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