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Spanien: Waffenruhe der Eta weckt Friedenshoffnungen

Die Hoffnungen auf einen Frieden im Baskenland stützen sich auf das Adjektiv "dauerhaft", das die Eta ihrer "Waffenruhe" zur Seite gestellt hat. Weitere Schritte werden allerdings verlangt.

Madrid - Wenn alles gut geht, kann Patxi Elola im Sommer zum ersten Mal mit seinem Sohn an den Strand gehen, ohne dass ihn ein Leibwächter begleiten muss. Bislang hat der Gärtner, der für die Sozialisten im Gemeinderat des baskischen Badeorts Zarautz sitzt, wie über 2000 Gemeindepolitiker im spanischen Baskenland auf Schritt und Tritt einen bewaffneten Beamten neben sich. Selbst auf dem Weg zum Bäcker oder zur Mülltonne muss ein «Schutzengel» ihn vor einem möglichen Anschlag von Eta-Terroristen schützen.

Mit der «Waffenruhe» der Untergrundorganisation Eta könnte der Begleitschutz nun überflüssig werden. Ein Richter, der wie all seine Kollegen im Baskenland, ebenfalls auf Leibwächter angewiesen ist, meinte erleichtert: «Heute sind wir ein wenig freier geworden.» Der baskische Arzt Roberto Lertxundi äußerte sich in der Zeitung «El País» eher vorsichtig: «Ich werde keine Sektflasche entkorken. Die Waffenruhe kommt nach all dem Leid um Jahre zu spät. Die Eta muss um Verzeihung bitten, und sei es hinter vorgehaltener Hand.»

Friedenswillen ausloten

In Spanien wächst die Hoffnung, dass die Ankündigung der Eta den Beginn eines Friedensprozesses markiert. Selbst die oppositionellen Konservativen, die bisher Verhandlungen mit der Eta strikt abgelehnt hatten, sind nicht mehr dagegen, dass Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero den Friedenswillen der Separatisten auslotet. Der Sozialist wird sich zunächst einmal Zeit lassen. Er will klären, ob der Gewaltverzicht der Eta auf Dauer ist. Dabei will er nicht im Alleingang vorgehen, sondern die Rückendeckung aller demokratischen Parteien suchen.

Die Hoffnungen auf einen Frieden im Baskenland stützen sich auf das Adjektiv «dauerhaft», das die Eta ihrer «Waffenruhe» zur Seite gestellt hat. Damit sagte die Untergrundorganisation sich zwar nicht endgültig von der Gewalt los. Aber eine Rückkehr zur Strategie des Terrors dürfte ihr extrem schwer fallen. Dafür hätten selbst ihre Anhänger wenig Verständnis. Die Eta ist nämlich mehr als nur eine Bande von Bombenlegern und Pistolenschützen. Sie hat eine ganze Szene von Kneipen, Bürgergruppen und Betrieben um sich. Etwa zehn Prozent der 2,1 Millionen Basken sympathisieren mit den Zielen der Eta.

Früher waren zwei Ansätze zu einer Friedenslösung gescheitert. Bei den Verhandlungen 1989 in Algier mit der Regierung von Felipe González hatte die Eta gehofft, Madrid auf dem Höhepunkt ihrer Terrorwelle mit schlichter Gewalt zu Zugeständnissen zwingen zu können. Zehn Jahre später bei den Gesprächen mit der Regierung von José María Aznar vertraute die Eta auf ihr politisches Gewicht, nachdem die nationalistischen und separatistischen Parteien im Baskenland sich zum «Pakt von Lizarra» zusammengeschlossen hatten.

Zeit des bewaffneten Kampfes vorbei

«Heute ist die Lage grundsätzlich anders», meint der Schriftsteller José Luis Zubizarreta. «Die Eta hat in einem Prozess der Reifung eingesehen, dass die Zeit des bewaffneten Kampfes vorbei ist.» Auch in anderen Ländern Europas verloren bewaffnete nationalistische Organisation stark an Bedeutung. Die IRA in Nordirland legte die Waffen nieder, die PKK (Kurdische Arbeiterpartei) in der Türkei ist nicht nur geschwächt, sondern änderte auch ihre Bezeichnung in KADEK.

In Spanien und Frankreich wurden seit dem Jahr 2000 über 600 Terroristen und Helfer der Eta festgenommen, darunter zahlreiche Anführer. Die Experten gehen davon aus, dass an der Spitze der Eta heute José Antonio Urrutikoetxea, genannt Josu Ternera, steht. Der 55-Jährige ist das letzte Mitglied der alten Garde, das sich auf freiem Fuß befindet. Er gehört der Eta seit 1970 an, galt früher als Vertreter einer harten Linie und verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe. «Josu Ternera ist der Einzige in der Eta, der in der Lage wäre, die Organisation in Richtung auf eine Selbstauflösung zu führen», schreibt «El País». (Von Hubert Kahl, dpa)

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