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Politik: SPD-Chef gesteht Korrekturbedarf ein Müntefering will neuen Auszahlungstermin für Arbeitslosengeld II, lehnt aber einen Kurswechsel ab

Berlin - Die breiten Proteste von Sozialverbänden und Langzeitarbeitslosen gegen einzelne Regelungen des Hartz-IV- Gesetzes führen offenbar zu ernsthafteren Korrekturüberlegungen in der SPD-Spitze. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ sagte Parteichef Franz Müntefering am Freitag: „Wir haben kein Interesse, die Menschen zu knebeln.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die breiten Proteste von Sozialverbänden und Langzeitarbeitslosen gegen einzelne Regelungen des Hartz-IV- Gesetzes führen offenbar zu ernsthafteren Korrekturüberlegungen in der SPD-Spitze. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ sagte Parteichef Franz Müntefering am Freitag: „Wir haben kein Interesse, die Menschen zu knebeln.“ Insbesondere bei der Frage des ersten Auszahlungstermins für das Arbeitslosengeld II Anfang nächsten Jahres glaube er, „dass es Veränderungen geben muss“.

Wenn Ende August die parlamentarische Sommerpause zu Ende geht, erwartet der SPD- Chef sogar noch eine Verschärfung der politischen Auseinandersetzung um Hartz IV. Es „könnte sein“, sagte Müntefering, das es einen heißen Herbst geben wird. Dass sich die Regierung dann allerdings in wesentlichen Fragen korrigieren werde, schloss er aus. Solche Situationen müsse die Regierung aber aushalten. Die Koalition sei dabei, „etwas Großes, etwas Wichtiges zu leisten. Und das wird mal in den Geschichtsbüchern stehen“. In die Annalen werde eingehen, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) „derjenige gewesen ist, der mit uns zusammen diese Dinge in Bewegung gesetzt hat – zum Nutzen des gesamten Landes“.

In Regierungskreisen wird im Augenblick erwartet, dass es in einzelnen Detailfragen, etwa bei der Anrechnung von Lebensversicherungen, noch Änderungen geben wird. Entscheidungen dazu könnte die Regierungsklausur Anfang September bringen. Dies sei der letzte Zeitpunkt, um die Chancen der SPD bei den anstehenden Wahlen im Herbst nicht noch weiter zu verschlechtern.

Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas forderte am Freitag Korrekturen vor allem, weil es in der Agenda 2010 einen „Mangel an sozialer Ausgewogenheit“ gebe. Maas will bei den Landtagswahlen im Saarland im Herbst Ministerpräsident Peter Müller (CDU) ablösen. Auch in der Brandenburger SPD fürchtet man um den Wahlerfolg, weil die konkreten Bestimmungen der Hartz-Gesetze konträr zu landespolitischen Entscheidungen stehen. So droht durch die Arbeitsmarktreform Betroffenen der Ausschluss von einem bildungspolitischen Modellprojekt. Das vor vier Jahren in Kooperation mit den Sparkassen gestartete Projekt „Bildungssparen“ wird nach Aussagen von Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes angerechnet, was im Zweifelsfall dazu führen wird, dass Langzeitarbeitslose dafür bestraft werden, wenn sie der Initiative der Brandenburger Regierung gefolgt sind. Die Anrechnung dieser Sparguthaben „wäre ein echter und dicker Skandal“, sagte Reiche. Im Rahmen des Modells können Eltern sieben bis zehn Jahre lang bei den Sparkassen Geld ansparen, um in der elften Jahrgangsstufe ein Auslandsjahr für ihre Kinder finanzieren zu können.

Mehrere Versicherungsunternehmen wiesen am Freitag jedoch noch einmal darauf hin, dass sich Arbeitslose jetzt beraten lassen und nicht übereilt ihre Policen kündigen sollten.

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