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„Niemand will schlecht gelaunte Menschen sehen“, sagt einer seiner innerparteilichen Gegner.

© dpa

SPD-Chef in Schleswig-Holstein: Ralf Stegner - das Gesicht der Niederlage

Der SPD-Chef im Norden wird heftig kritisiert - von regionalen Genossen, aber auch aus der Bundespartei. Es geht um Stegners Verhalten und seine TV-Auftritte.

Von Hans Monath

Facebook-Freunde von Ralf Stegner schätzen dessen tägliche Musikempfehlung als ein Ritual. Am Freitagmorgen postete der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein ein Lied des Rockmusikers Bob Seger: „Against the wind.“

Deutlicher geht es kaum. Denn auch der Führungsfigur der SPD-Linken bläst im Norden heftiger Wind entgegen: Nach dem Einbruch bei der Landtagswahl und dem Schwinden jeder Aussicht auf Regierungsbeteiligung fordern lokale SPD-Funktionäre offen seinen Rücktritt. Auch in der Bundes-SPD entlädt sich nun Unmut über den Politiker, der stets die knallharte Konfrontation sucht. Attacke kann keiner so gut wie er in der SPD.

Empört hat die Kritiker sein Verhalten nach den dramatischen SPD-Verlusten bei der Landtagswahl: Wie Ministerpräsident Thorsten Albig beharrte Stegner darauf, nicht der Wahlgewinner CDU, sondern die abgestrafte SPD solle mit FDP und Grünen in Kiel die Regierung bilden. Albig, der angeblich schon am Wahlabend abtreten wollte, aber von Stegner aus taktischen Gründen zum Bleiben gedrängt wurde, schmiss kurz darauf hin. Erst diese Woche erklärte auch Stegner, dass er nicht Ministerpräsident werden wolle.

Mit dieser sturen Taktik, so sehen es die Angreifer, trieb der SPD-Landeschef die FDP in die Arme der Union. Noch bevor Albig verzichtete, machten die Liberalen klar, dass sie für eine Ampel mit SPD und Grünen nicht zur Verfügung stehen. Die Widersacher des Parteilinken preisen nun NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft als Vorbild, die eine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale von allen Parteiämtern zurücktrat.

Am NRW-Wahlabend stand Stegner mit grimmigem Gesichtsausdruck und heruntergezogenen Mundwinkeln neben Parteichef Martin Schulz im Willy-Brandt-Haus, als dieser die Niederlage eingestand. Bei vielen Parteifreunden kam das nicht gut an. „Vielleicht könnte @Ralf Stegner wenigstens bei der Rede v @Martin Schulz aus dem Bild gehen, wenn er schon nicht seine Verantwortung übernimmt“, twitterte der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Flisek.

Stegner, so scheint es, ist für viele Genossen zum Gesicht der Niederlage geworden – und das zu einem Zeitpunkt, da eine nervöse Partei nach drei Wahlniederlagen einen Schuldigen sucht. „Niemand will schlecht gelaunte Menschen sehen“, sagt einer seiner innerparteilichen Gegner: „Jede Minute, die Stegner im Fernsehen ist, kostet uns zwei Prozent.“ Abgeordnete des Netzwerks Berlin beschwerten sich diese Woche bei einem Treffen mit Parteichef Schulz über die negative Wirkung von Stegners TV-Auftritten.

Martin Schulz kann kein Interesse an Querelen haben

Zwar wird die Spitze der Bundespartei erst auf einem Parteitag Ende des Jahres neu gewählt. Doch Schulz kann kein Interesse daran haben, dass Querelen des Landesverbandes im Norden seinen eigenen Wahlkampf vor der Abstimmung über den Bundestag im September belasten.

Der Text des von Ralf Stegner empfohlenen Liedes übrigens klingt ziemlich düster. „The years rolled slowly past, And I found myself alone, Surrounded by strangers I thought were my friends (…) and I guess I lost my way“, heißt es darin: „Die Jahre zogen vorbei und ich musste feststellen, dass ich von Fremden umgeben war, die ich für meine Freunde gehalten hatte. Ich schätze, ich bin vom Weg abgekommen.“

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