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Politik: SPD in NRW macht Front gegen Fischer

Steinbrück und Schartau warnen vor „Ausweichen“ / Visa-Affäre kostet den Außenminister Popularität

Berlin/Düsseldorf Die nordrheinwestfälische SPD hat Außenminister Joschka Fischer in der Visa-Affäre eine „Strategie des Aussitzens“ vorgeworfen. Das Agieren des Grünen-Politikers vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein habe so gewirkt, „als wolle man möglichst schnell zur Tagesordnung übergehen“, sagte SPD-Landeschef Harald Schartau dem Tagesspiegel. Das sei „alles andere als überzeugend“ gewesen. Im ZDF-Politbarometer stürzte Fischer ab. Er rutschte auf der Beliebtheitsskala von 1,6 auf 0,7 Punkte ab und verlor den Spitzenplatz an Christian Wulff (CDU).

Innenminister Otto Schily (SPD) lastet die Verantwortung für die Affäre vor allem der Botschaft in Kiew an. „Wenn die Regeln falsch gewesen wären, hätte es in allen Botschaften Probleme geben müssen“, sagte er in Brüssel. Die deutschen Visa-Vorschriften hätten mit den EU-Bestimmungen in Einklang gestanden. Fischer kündigte vor einer Rede an diesem Samstag auf dem Grünen-Landesparteitag in Köln an, er werde in die Offensive gehen. Man werde „ein paar sehr klare Worte hören“, sagte er. Grünen- Chefin Claudia Roth sagte dem Tagesspiegel, sie erwarte „eine offensive Auseinandersetzung im Sinne unserer Ideen“. Es sei nicht hinzunehmen, dass „über die Debatte eine liberale Visumpolitik diskreditiert wird“. Nach einem Treffen der Grünen-Spitze betonte Roth: „Unser Ziel ist, dass offene Fragen beantwortet werden, dass aufgeklärt wird. Der Untersuchungsausschuss muss als Erstes einmal alle Akten haben.“ Eine Aussage schon jetzt vor dem Gremium lehnte sie als unseriös ab. „Der Untersuchungsausschuss ist ein seriöses Gremium und keine Showveranstaltung.“ Teilnehmer des Spitzentreffens der Grünen sagten, man wolle künftig nicht mehr „die Kampagne der Opposition bejammern“.

Schartau mahnte „schnellstmögliche Aufklärung“ an. Es habe „negative Auswirkungen auf die Wählerschicht der SPD, wenn der Eindruck entsteht, die Regierung lasse in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit massenweise Fremde ins Land, die der Bevölkerung dann als Schwarzarbeiter die Arbeit wegnehmen“. Deshalb müsse der Außenminister die Missstände bei der Visa-Erteilung schnell aufklären. Auch NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) verlangte rückhaltlose Aufklärung. Wenn es zu Fehlern gekommen sei, „dann muss man die mannhaft zugeben“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Ausweichen und Taktieren“ würde das breite Publikum nicht akzeptieren.

Mit dem früheren sächsischen Ausländerbeauftragten Heiner Sandig meldete sich erstmals ein CDU-Politiker zu Wort, der die von seiner Partei angestoßene Diskussion als „sehr einseitig“ kritisierte. Sandig sagte dem Tagesspiegel: Sehr viele Besucher aus Osteuropa seien weder Schwarzarbeiter noch Prostituierte.

Im Visa-Ausschuss erklärte ein BKA-Beamter als Zeuge, seine Behörde habe das Innenministerium wiederholt über Fälle von Visaerschleichung informiert. Unions-Obmann Eckart von Klaeden sagte, Fischer müsse bei „durchschnittlicher Amtsführung“ von dem Missbrauch gewusst haben.

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