zum Hauptinhalt
Blick ins Ungewisse: Christian Wulff und seine Ehefrau Bettina auf Staatsbesuch in Italien.

© dpa

SPD in Schleswig-Holstein: "Christian Wulff ist eindeutig ein Schnorrer"

Bisher hat sich die SPD versucht zurückzuhalten. Bloß nicht den Eindruck erwecken, aus der Affäre Wulff parteipolitischen Profit zu ziehen. Im Norden aber ist Wahlkampf und da ändert sich die Tonlage.

Die SPD windet sich. Das Thema Christian Wulff ist schwierig für die Sozialdemokraten. Nicht etwa, weil Hannover lange in SPD-Hand war, sondern weil es schwierig ist, diese Affäre parteipolitisch ausschlachten zu wollen. Dafür ist das Stimmungsbild zu diffus. Den aktuellen Umfragen zufolge sind zwar rund die Hälfte der Deutschen für einen Rücktritt, auch halten ihn nur noch knapp 18 Prozent für ehrlich. Aber es gibt auch die andere Hälfte, die nicht für Rücktritt plädiert und die, die das Thema zwar gerne geklärt wüssten, aber nicht möchten, dass daraus parteipolitischer Honig gesogen wird. Und doch gibt es ein erhebliches Unbehagen in der Bevölkerung mit Wulff - das aber nicht die CDU, der Partei Christian Wulffs, trifft. Im Gegenteil: Je weiter es mit Christian Wulff in den Umfragen abwärts geht, um so besser steht die vermeintliche Ersatzpräsidentin Angela Merkel da.

Deshalb agierten die Sozialdemokraten eher zurückhaltend. Jetzt aber wählt einer aggressivere Töne. Torsten Albig, Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein, hat den Bundespräsidenten nun scharf kritisiert. "Die Leute wenden sich angewidert von jeder Art von Politik ab", sagte Albig der „Bild"-Zeitung. Mehr noch: "Wulff zertrümmert die letzte Achtung der Bürger vor den Politikern." Der Schaden, den Wulff der Demokratie zufüge, sei "enorm". "Das Amt des Bundespräsidenten wird nie wieder das sein, was es mal war", sagte der Kieler Oberbürgermeister weiter.

Ist da einer, der seine Bekanntheitswerte noch nach oben treiben muss, über das Ziel hinausgeschossen oder will die Nord-SPD das Thema hoch im Norden in den Wahlkampf ziehen? Ralf Stegner, Fraktionschef der SPD im schleswig-holsteinischen Landtag und Chef der SPD Schleswig-Holstein, erklärt das dem Tagesspiegel so: "Die SPD war bisher sehr zurückhaltend, auch weil wir wussten, dass man keinen politischen Nutzen aus den Schwierigkeiten eines Bundespräsidenten ziehen kann und soll, aber es zeigt sich jetzt, dass Christian Wulff und die monatelangen Diskussionen um seine Urlaubsreisen, Kredite und reichen Freunde dem Ansehen der Politik massiv schaden." Man spüre, dass die Menschen dieses Thema extrem bewegt. "Thorsten Albig hat also einfach nur sehr temperamentvoll ausgedrückt, was die Menschen hier bewegt", sagt Stegner weiter. Insofern sei die Affäre Wulff auch ein Wahlkampfthema, "allerdings keines, das für die Auseinandersetzung zwischen SPD und CDU um die besten Konzepte für das Land Schleswig-Holstein taugt".

Laut Stegner gibt es einen Überdruss in der Bevölkerung an Christian Wulff, "aber nicht in dem Sinne, dass nicht mehr darüber berichtet werden soll, sondern, dass er selbst keinen Schlussstrich zieht, sondern eben dem Amt und der Politik insgesamt Schaden zufügt." Und man könne auch in einem Wahlkampf kein Thema ignorieren, wenn es die Menschen umtreibt. Natürlich spiele auch die örtliche Nähe zu Niedersachsen eine Rolle. "Das ist immerhin unser Nachbarland."

Auch andere in der Nord-SPD sehen in der Affäre Wulff ein Thema. Ernst Dieter Rossmann, Sprecher der schleswig-holsteinischen Landesgruppe, betont zwar, dass die SPD keinen Wahlkampf gegen Christian Wulff führe, sondern gegen die CDU. "Aber in der politischen Stimmung schwingt die Affäre Wulff immer mit", sagte Rossmann dem Tagesspiegel. "Es geht um politische Stilfragen, wie weit gehen Ministerpräsidenten, Minister und Abgeordnete, ist man eher Schnorrer oder kennt ein Politiker auch Grenzen und Wulff ist eindeutig ein Schnorrer." Und weiter: "Torsten Albig habe das Empfinden vieler Menschen, denen wir im Wahlkampf begegnen, sogar noch moderat ausgedrückt."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false