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Hilde Mattheis

© dpa

SPD-Linke in Interview: „Die Agenda 2010 ist keine Monstranz“

Die SPD-Linke Hilde Mattheis spricht über die Rente mit 67, die neue SPD-Führung und die Agenda 2010.

Gilt der Aufruf der 60 Sozialdemokraten für mehr soziale Gerechtigkeit noch?

Selbstverständlich! Der Aufruf ist eine Weiterentwicklung des Hamburger Programms. Jetzt geht es darum, im Hinblick auf ein Wahl- und Regierungsprogramm das Hamburger Programm auszugestalten. Und unsere Ansätze dazu haben wir in dem Aufruf formuliert. Es geht um die Frage der Verteilungsgerechtigkeit und natürlich werden wir uns dafür einsetzen, dass viele Punkte aus dem Aufruf der 60 in das Wahlprogramm einfließen.

Sie wollen die Rente mit 67 rückgängig machen.

Das ist kein Widerspruch zu Hamburg. Dort haben wir beschlossen: „Wir wollen den Übergang in den Ruhestand flexibler gestalten …“ Und da knüpfen wir mit unseren Forderungen an. 67 ist nicht flexibel und deshalb werden wir nun in der Debatte um das Wahlprogramm dafür streiten, diese zurück zu nehmen.

Müntefering steht hinter dem Gesetz.

Rente mit 67 wurde von der CDU/CSU in den Koalitionsvertrag gebracht. Und wir müssen jetzt feststellen, dass die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse auf 25,5 Prozent aller erwerbstätigen Personen zugenommen hat, Millionen Menschen sind von Altersarmut bedroht. Da kann doch die Antwort der SPD nicht heißen: Rente mit 67.

Franz Müntefering hat die Partei aufgefordert, zusammenzustehen.

Ein richtiger Appell. Allerdings darf die Einigkeit nicht einseitig eingefordert werden, sondern es muss möglich sein, Inhalte einzubringen und zu diskutieren. Nicht nach dem Motto: Einer sagt, alle anderen müssen sich daran halten. Eine Politik von oben nach unten hat uns in der Vergangenheit schon nicht gut getan. Die Benennung von Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier ändert nichts am Hamburger Programm, und wir wären meines Erachtens schlecht beraten, dahinter zurück zu fallen.

Was bedeutet die Agenda 2010 noch?

Die Agenda 2010 ist keine Monstranz, die wir bis in alle Zukunft vor uns hertragen sollten. Sondern es geht darum zu bilanzieren, wie sich unsere Politik der letzten Jahre unter Verteilungsgesichtspunkten ausgewirkt hat. Und vor diesem Hintergrund sollten wir nicht vergessen, dass der SPD in den letzten Jahren viele Mitglieder den Rücken gekehrt haben, weil sie nicht einverstanden waren. Deshalb kann es nur eine Antwort geben: Die SPD muss die Gerechtigkeit wieder in den Mittelpunkt der Politik rücken. Wir brauchen eine Politik, mit der wir Armut bekämpfen, durch die jeder von seiner Arbeit leben kann und Menschen mit hohen Vermögen stärker an der Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben beteiligt werden. Grundlage hierfür ist das Programm von Hamburg, nicht die Agenda 2010.

Das Gespräch führte Antje Sirleschtov.

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