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SPD mit sich selbst unzufrieden: Kritik am Konzept der Bürgerversicherung

Das Konzept der Bürgerversicherung der SPD stößt nicht nur beim politischen Gegner und den Privatversicherern auf Kritik, sondern inzwischen auch in den eigenen Parteireihen.

Er halte es für „keine gute Idee, die Unternehmen in einer Größenordnung von fünf Milliarden Euro belasten zu wollen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Garrelt Duin, dem Tagesspiegel. Zwar habe er nichts gegen das Ziel, Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei den Krankenversicherungsbeiträgen wieder paritätisch zu belasten, beteuerte der SPD-Politiker.

Wenn es für den Arbeitgeberanteil aber keine Bemessungsgrenze mehr nach oben mehr gebe, bestrafe man damit vor allem diejenigen, die für die Volkswirtschaft besonders wichtig seien: innovative Hightech-Firmen mit wenigen hoch qualifizierten Mitarbeitern. Man habe „Besprechungsbedarf“ und den Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach zum nächsten Treffen der SPD-Arbeitsgruppe Wirtschaft eingeladen. „Vielleicht gibt es dann auch Streit“, sagte Duin.

Die SPD-Linken wiederum ärgern sich über die Nachsicht ihrer Partei mit den Besserverdienenden. Er könne „nicht nachvollziehen, warum man Arbeitnehmer mit hohem Einkommen nicht stärker heranzieht“, sagte Juso-Chef Sascha Vogt dem Tagesspiegel. Aus seiner Sicht wäre eine höhere Bemessungsgrenze „äußerst charmant“. Und wenn man Kapitaleinkünfte wegen des bürokratischen Aufwands außen vor lassen wolle, müsse man wenigstens bei der Steuerfinanzierung konsequenter sein. Den Steueranteil jährlich um 300 Millionen Euro wachsen zu lassen reiche nicht aus.

Vogt kritisierte auch das Verfahren zur Vorstellung des Konzepts. Es sei „leider gängige Praxis in der SPD“, solche Themen nicht ergebnisoffen im Parteivorstand diskutieren, sondern vom Präsidium vorentscheiden zu lassen. Wer dann etwas auszusetzen habe, müsse sich gleich mit der Parteispitze anlegen.

Die Grünen, die ihr Bürgerversicherungskonzept schon im Herbst vorgelegt hatten, nannten den Entwurf untauglich. Die SPD habe sich „weggeduckt“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Biggi Bender. Offenbar habe sie Angst davor, „der eigenen Klientel zu sagen, dass Gerechtigkeit auch bedeutet, den sozialdemokratischen Facharbeiter mit Einliegerwohnung heranzuziehen“.

Mit dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass“ komme man aber nicht weiter. Zwar hätten auch die Grünen über die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze gestritten. „Unstrittig“ aber sei es für die Partei, dass Kassenbeiträge künftig auch auf Miet- und Kapitaleinkünfte erhoben werden müssten und man gut verdienende Arbeitnehmer nicht außen vor lassen könne. Bei einem Projekt, das auf die Erweiterung von Solidarität ziele, gehe es schließlich „nicht nur um ein paar Millionäre, sondern immer auch um den oberen Teil der Mittelschicht“.

Deshalb um ihre bürgerlichen Wähler zu zittern fällt den Grünen nicht ein. Anders als die FDP habe man ihnen ja „nie versprochen, mehr in den Geldbeutel zu bekommen, sondern an ihre Verantwortung fürs Gesamte appelliert“, erinnert Bender. „Bisher hat uns das nicht geschadet.“

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