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SPD: Müntefering: "Manch einer wird sich noch wundern"

Nach der Demontage ihres Parteichefs versuchen Kanzlerkandidat Steinmeier und der designierte Beck-Nachfolger Müntefering, die SPD wieder als reale Konkurrenz zur Union darzustellen. Er spiele auf Sieg, meint etwa der Außenminister. Und Müntefering fügt hinzu: "Die Aufholjagd beginnt".

Das neue SPD-Spitzenduo Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier setzt bei der Bundestagswahl 2009 trotz derzeit schlechter Umfragewerte auf Sieg. "Wir werden einen großen Wahlkampf hinlegen. Manch einer wird sich noch wundern", sagte der designierte Parteivorsitzende Müntefering einen Tag nach dem völlig überraschenden Rücktritt von Parteichef Kurt Beck. Der 45-köpfige SPD-Vorstand hatte Partei-Vize Steinmeier zuvor einstimmig als Kanzlerkandidaten nominiert. Jetzt müsse die Aufholjagd für die SPD beginnen, sagte der Außenminister.

Bei der Abstimmung über den Vorschlag, Müntefering zum Nachfolger Becks zu wählen, gab es eine Gegenstimme und fünf Enthaltungen vom linken Parteiflügel. Der 68-jährige Müntefering soll auf einem SPD-Sonderparteitag am 18. Oktober in Berlin zum Vorsitzenden gewählt werden. Müntefering und Vize-Kanzler Steinmeier kündigten an, es werde keine weiteren Änderungen in der SPD-Führungsspitze und auch bei den SPD-Ministern im Bundeskabinett geben. Müntefering erteilte einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei im Bund eine klare Absage: "Definitiv, endgültig nicht", sagte er auf eine entsprechende Frage.

Nicht zwingen müssen, weiterzumachen

Der geschasste Beck wird in Rheinland-Pfalz sowohl Ministerpräsident als auch SPD-Landesvorsitzender bleiben, teilte eine SPD-Sprecherin in Mainz nach einem Krisentreffen mit. Die Generalsekretärin der Landes-SPD, Heike Raab, sagte, man habe ihn nicht zwingen müssen, weiterzumachen. So werde Beck am kommenden Samstag auf dem Landesparteitag erneut für das Amt des SPD-Vorsitzenden kandidieren. Beck kündigte für diesen Dienstag eine Erklärung in Mainz an. Am Sonntag war darüber spekuliert worden, dass Beck auch seine Landesämter aufgeben will.

Müntefering sagte, er werde den Kontakt mit Beck suchen. "Ich hoffe, dass wir uns aussprechen können." Über sein Verhältnis zu Beck wolle er sich nicht öffentlich äußern. Nach den Turbulenzen um den Führungswechsel zeigte sich Müntefering zufrieden über sein Abstimmungsergebnis im Vorstand. Nur der SPD-Linke Ottmar Schreiner hatte gegen Müntefering gestimmt. Auch die Enthaltungen kamen aus dem linken Parteispektrum.

Müntefering: Union "tief zerrissen"

Steinmeier sagte mit Blick auf die Wahl 2009: "Ich spiele nicht auf Platz, sondern auf Sieg". Als ehemaliger Kanzleramtschef wisse er genau, worauf er sich einlasse. Ebenso wie Müntefering forderte der Kanzlerkandidat die SPD zur Geschlossenheit und zur Disziplin auf. Müntefering bezeichnete die Union als "tief zerrissen". Die SPD könne den Wahlsieg schaffen. Beide SPD-Politiker versicherten, dass die Hamburger Parteitags-Beschlüsse mit vorsichtigen Korrekturen an den Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 "Grundlage für das Regierungsprogramm" der SPD im Wahlkampf würden.

In der Vorstandssitzung riefen mehreren Vorstandsmitglieder dazu auf, jetzt den Blick nach vorne zu richten und geschlossen in den Wahlkampf zu gehen. Nach Teilnehmerangaben gab es aber auch viele Beiträge, in denen ein fairerer Umgang miteinander angemahnt wurde. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit beklagte vor der Sitzung, dass "die Art, wie Beck gegangen ist oder gehen musste", einen "Beigeschmack" habe. Fraktionschef Peter Struck zeigte sich im ZDF überzeugt, dass der SPD mit dem neuen Team ein Neuanfang gelingt.

Nahles nimmt Beck in Schutz

Steinmeier äußerte sich nach der Vorstandssitzung auch zu den Umständen, die mit zum Rücktritt Becks geführt hatten. Nach seiner Darstellung hätten er, Beck und Müntefering sich in einem Gespräch am Donnerstag voriger Woche in Bonn verständigt, dass Müntefering eine wichtige Rolle bei der Wahlkampfvorbereitung spielen soll. "Ich bedauere, dass es bei dieser Verabredung nicht geblieben ist."

Andrea Nahles, die stellvertretende Bundesvorsitzende bleiben will, nahm in der "Rhein-Zeitung" Beck auch gegen parteiinterne Kritiker in Schutz: "Kurt Beck hat so viel auf den Buckel gekriegt wie kein zweiter vor ihm. Für jeden anderen Parteivorsitzenden wäre die Klärung des Umgangs mit der Linkspartei genauso schwer gewesen."

Der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, rief enttäuschte Sozialdemokraten unterdessen dazu auf, zur Linken zu wechseln. "Wenn Steinmeier und Müntefering beim Agenda-Kurs bleiben, kann ein wirklicher Linker nur noch zu uns kommen", sagte der einstige SPD-Chef der "Süddeutschen Zeitung". (jvo/dpa)

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