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SPD

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SPD-Parteiprogramm: Eine Vision für 20 Jahre

Mit ihrem Programm setzt sich die SPD von Union und FDP ab - und für solidarische Gesellschaft ein.

Am Ende eines von Kurt Beck schon zu Beginn als „historisch“ bezeichneten Parteitages blieb es dem Altvorderen Erhard Eppler vorbehalten, die Kernfrage des neuen Grundsatzprogrammes der SPD auf einen Nenner zu bringen: „Wer schützt uns?“.

Den Anspruch dabei, für eine „solidarische Mehrheit“ im Land zu sprechen, für „uns“ also, hatte Parteichef Kurt Beck am letzten der drei Tage des Parteikonvents schon zuvor hervorgehoben – und vor den 500 Delegierten an das historische Profil der Partei als Programmpartei erinnert. Besonderen Wert legte er dabei auf eine stärkere Hinwendung „zu den Menschen“, deren individuelle Befähigungen zu schützen seien – durch den „vorsorgenden Sozialstaat“. Der steht im Mittelpunkt des im Vergleich zum letzten Grundlagenprogramm, dem veralteten „Berliner Programm“ von 1989, deutlich gestrafften Papiers. Er soll den herkömmlichen Sozialstaat „weiterentwickeln“, indem er existenzsichernde Erwerbsarbeit fördert, die Erwerbsquote von Älteren und Frauen erhöht und die Gesundheitsprävention stärkt. Neben der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungen sollen jedoch auch steuerfinanzierte Modelle stärker berücksichtigt werden.

Bildungspolitik wird als „zentrales Element der Sozialpolitik“ verstanden. Die Ganztagsbetreuung soll für alle Kinder von Anfang an gebührenfrei sein, Kitas und Eltern-Kind-Zentren sollen ausgebaut werden. Studiengebühren für das Erststudium lehnt die SPD ab. „Wir müssen Bildungschancen so organisieren, dass alle daran teilhaben können“, forderte Beck. Zudem soll eine neue „Arbeitsversicherung“ die bisherige Arbeitslosenversicherung ersetzen und bei Erziehungs- und Pflegezeiten durch Vermittlungs- und Bildungsangebote den Wiedereinstieg ins Berufsleben fördern. Mit Blick auf die Wirtschaft sagte der Parteichef, Erfolg bedeute immer auch Verantwortung für die Mitarbeiter. Es könne nicht sein, dass arbeitende Menschen zusätzlich Sozialtransfers benötigten. In letzter Minute ergänzt wurde ein Passus zur Gleichstellung von Mann und Frau. Im „Hamburger Programm“ heißt es dazu: „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“

Die Partei vollzieht mit dem Programm einen Linksruck – und grenzt sich deutlich gegenüber Union und FDP ab. In Anspielung auf das marktliberale, jedoch kaum umgesetzte „Leipziger Programm“ der CDU sagte Beck, die SPD wolle eine Partei sein, „die auch sagt, wie sie handeln will“. SPD-Vordenker Eppler hob den Gestaltungsanspruch der Politik auch im Zeitalter der Globalisierung hervor. „Wer den aufgibt, der gibt sich selber auf“, sagte er. Zudem dürfe sich staatliches Handeln „nicht auf den Markt verlassen“. Der Staat sei mehr als ein bloßes Markthindernis, das man durch Deregulierung beseitigen könne. „Wer glaubt denn heute noch den Verheißungen der Marktradikalen, ob in Lateinamerika oder in Europa?“, fragte Eppler unter dem Beifall der Delegierten und rief dazu auf, den Staat handlungsfähig zu halten. Auch Parteichef Beck warnte vor „anonymen Kräften der Finanzwelt, die darüber bestimmen, wo es langgeht“. Das „soziale in unserer Gesellschaft“ dürfe niemals „zum lästigen Übel erklärt werden“.

Am Ziel eines „demokratischen Sozialismus“ hält das neue Programm deshalb ausdrücklich fest. Er bleibe demnach für die Sozialdemokratie „die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauerhafte Aufgabe ist“, heißt es dort. Beck betonte, dies sei keine „Alltagsformulierung“. Wer zudem behaupte, die Konzepte demokratischer Sozialismus und Freiheit schlössen einander aus, handele „böswillig“ oder er habe von Geschichte keine Ahnung, sagte der SPD-Vorsitzende.

Die Neufassung des 36-seitigen Programmes unter dem Titel „Soziale Demokratie im 21. Jahrhundert“ war von einer rund neunzigköpfigen Programmkommission unter der Schlussredaktion von Generalsekretär Hubertus Heil, der stellvertretenden SPD-Chefin Andrea Nahles und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse erarbeitet und bei nur zwei Gegenstimmen angenommen worden. Es soll „15 oder 20 Jahre halten“, hofft Beck.

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