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Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) im Irak

© dpa/Kay Nietfeld

SPD-Politiker in Umfragen: Gabriel überholt Schulz

Neue Umfragen zeigen, dass Außenminister Sigmar Gabriel in der Beliebtheit mittlerweile vor Kanzlerkandidat Martin Schulz liegt. In der SPD muss man sich an diese Situation noch gewöhnen.

Von Hans Monath

Das Bild, das mehrere deutsche Tageszeitungen am Donnerstag kommentierten, wirkt wie eine Szene aus einer Gangsterkomödie: In gleißender Sonne tritt ein Mann mit Sonnenbrille, Polohemd und dunklem Sakko aus einem Gebäude. Die Aufstellung der Mitarbeiter rings um ihn herum macht deutlich, wer hier der Chef ist. Aufgenommen worden war das Foto einen Tag zuvor in Bagdad, wo Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) politische Gespräche führte.

Deutlich schlanker wirkte der SPD-Politiker als noch vor Monaten – und zufrieden mit sich und der Welt. Dazu hätte Gabriel knapp drei Monate nach seinem Verzicht auf Spitzenkandidatur und Parteivorsitz auch Grund: Die Deutschen haben den Mann, dem sie als SPD-Chef nicht trauten, ins Herz geschlossen, seitdem er sein Land in der Welt vertritt. Im jüngsten Deutschlandtrend von Infratest Dimap erreichte Gabriel mit 56 Prozent Zustimmung den besten dort je für ihn gemessenen Wert. Bei der Beliebtheit steht er nun hinter Angela Merkel und Wolfgang Schäuble (beide CDU).

Für Gabriel mag das eine gute Nachricht sein – aber ist es auch eine für Martin Schulz, der sich nun als Kandidat bewähren muss? Schulz und mit ihm die SPD nämlich haben in jüngster Zeit in vielen Umfragen an Zustimmung verloren. Im Deutschlandtrend fiel Schulz bei der Popularität auf 48 Prozent zurück, wird nun von dem Mann überrundet, der ihn als Kandidat vorgeschlagen hatte. Bei der Kanzler-Direktwahlfrage holte Merkel im Vergleich zum März um zehn Punkte auf (46 Prozent) und überholte Schulz, der mit 40 Prozent fünf Punkte einbüßt.

Nicht nur bei Infratest Dimap, sondern auch bei anderen Demoskopen, nach deren Zahlen die SPD in den vergangenen Wochen die Union hinter sich gelassen hatte, liegen Merkels Truppen wieder vorne, etwa bei Emnid oder Insa. Mit 33 Prozent erreichte die SPD Mitte Februar bei Emnid einen Punkt mehr als die Union, Mitte April haben CDU und CSU mit 35 gegen 31 Prozent wieder die Nase vorn. Der als „Schulz-Effekt“ bezeichnete Mobilisierungsschub habe „in den vergangenen Wochen nachgelassen“, lautet das Urteil der Infratest-Auswerter.

Aber ist es mit dem „Schulz-Hype“ deshalb schon wieder vorbei, weicht die Spannung aus der Bundestagswahl? Vor solchen Schnellschüssen warnt Hermann Binkert eindringlich: „Die Entwicklung der Werte der SPD ist kein Indiz dafür, dass es mit dieser Partei nun steil bergab geht“, sagt der Chef des Instituts Insa. Schließlich lägen Sozialdemokraten immer noch bei 30 Prozent – ein Wert, von dem sie Anfang des Jahres nicht einmal geträumt hätten. Während die SPD im vergangenen Jahr teilweise unter 20 Prozent gelegen habe, seien Union und SPD nun in Sichtweite. „Außergewöhnlich“ sei der Zuwachs von zehn Punkten nach der Ausrufung von Schulz gewesen. Eine Schwankung von wenigen Punkten dagegen sei „nicht außergewöhnlich“.

Auch im Willy-Brandt-Haus wird die Entwicklung demonstrativ gelassen kommentiert – von „Stabilisierung auf hohem Niveau“ ist die Rede. Wichtiger als die Verluste seien die mehr als 15000 Neumitglieder und das neue Selbstvertrauen, heißt es: Aus dem „demoskopischen Frühling“ der SPD wolle man nun einen „politischen Sommer“ machen, in dem der Spitzenkandidat seinen Anspruch auf die Führung des Landes untermauere.

Manfred Güllner hält ebenfalls nichts davon, nun Schwanengesänge auf die SPD anzustimmen. Der Forsa-Chef war allerdings in Bezug auf die neue Stärke der Partei schon lange misstrauischer als andere. „Vor der Nominierung von Schulz hatte die SPD zwei Probleme. Das eine war Sigmar Gabriel, dieses Problem ist gelöst“, meint er. Das zweite Problem der SPD sei, dass ihr die Deutschen weit weniger Führung zutrauten als der Union. Dabei gehe es nicht nur um soziale Gerechtigkeit, sondern vor allem auch um ökonomische Kompetenz. Güllners Urteil: „Schulz hat bislang wenig daran geändert, dass die Deutschen der Union weit mehr vertrauen, wenn es um politische Kompetenz geht.“ Sollte der Forsa-Chef recht haben, bliebe fünf Monate vor der Bundestagswahl nur wenig Zeit, um dieses Defizit aufzuholen.

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