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Politik: SPD-Prominenz kritisiert Regierung

Ministerpräsidenten Gabriel und Steinbrück beklagen schlechtes Erscheinungsbild der Koalition / Kuhn sieht Krise

Berlin/Düsseldorf/Esslingen. Nach der Oppositionskritik an der rot-grünen Bundesregierung wird das Erscheinungsbild der Koalition nun auch aus den eigenen Reihen massiv kritisiert. NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) warf der Bundesregierung eine schlechte Darstellung ihrer Vorhaben vor. „Das Problem ist, dass zu viel auf einmal gekommen ist. Und manche steuerliche Maßnahme hat zu viele Wandlungen erlebt. Das hat Verwirrung gestiftet", sagte Steinbrück dem Tagesspiegel am Sonntag. Niedersachsens Regierungschef Sigmar Gabriel (SPD) forderte den Kanzler auf, wieder Führungsstärke zu zeigen.

Von Albert Funk, Matthias

Meisner und Reiner Ruf

Gabriel und der hessische SPD-Spitzenkandidat Gerhard Bökel sprachen am Samstag von Gegenwind aus Berlin, der sich auf ihren Wahlkampf auswirke.

Auch die Grünen kritisierten das Erscheinungsbild der Koalition. Parteichefin Claudia Roth sagte der „Berliner Zeitung“, für das Gleichgewicht sei es schlecht, wenn nur eine Seite gute Werte aufweise. Über den Ansehensverlust der SPD könne sie sich daher nicht freuen. Auf einem Landesparteitag in Bamberg forderte Roth ihre Partei zu mehr Selbstbewusstsein auf: „Lasst nicht zu, dass der kollektive Depri ausbricht.“ Umweltminister Jürgen Trittin hob hervor, dass die Grünen in der Koalition der „stabilisierende Faktor“ seien. Dies gelte es zu verteidigen. Verbraucherschutzministerin Renate Künast forderte die Koalition in der „Leipziger Volkszeitung“ auf, „wieder Formation anzunehmen“.

Grünen-Chef Fritz Kuhn räumte ein, dass sich die rot-grüne Regierung in einer Krise befinde. Auf dem Landesausschuss der Südwest-Grünen in Esslingen forderte er angesichts des misslungenen Neustarts von der „Regierungsspitze“, der Bevölkerung „zu sagen sagen, wie die Situation ist“. Kuhn: „Wir müssen den Leuten reinen Wein einschenken.“ Auf der Sitzung in Esslingen wurde deutliche Kritik an der SPD laut – von Beifall begleitet. Der Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon, früher Fraktionschef der Grünen im Stuttgarter Landtag, sagte, Schröder mache „am Gängelband der Sozialdemokraten den größen Unsinn“.Die SPD habe „nicht kapiert, dass diese zweite Chance die letzte ist". Salomon warnte die eigene Partei davor, „mitzuversinken im Chaos der Sozialdemokratie“. Winfried Kretschmann, Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, nannte die SPD reformunfähig. Andere Redner rieten, „den roten Kameraden die Zähne zu zeigen“ oder gar „die Pferde zu wechseln“, wenn sich die SPD als zu „altbacken“ erweise.

Der Düsseldorfer Regierungschef Steinbrück sagte dieser Zeitung zum Vorwurf, die SPD habe sich von der „neuen Mitte" abgekehrt: „Die SPD darf ihre klassischen Wähler nicht verlieren, aber die Vorstellung, dass man nur mit diesen über 35 Prozent kommt, ist ein Irrtum. Das muss auch in diesen Traditionsmilieus verstanden werden.“

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