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Politik: SPD-Spendenaffäre: Sauer ohne Ende

Kein Wort zum Spendenskandal. Die Internetseite der SPD schweigt zu den Vorgängen in Köln.

Kein Wort zum Spendenskandal. Die Internetseite der SPD schweigt zu den Vorgängen in Köln. Weder unter der Rubrik "Aktuell", noch unter "Vor Ort" findet sich auch nur ein Wort zur illegal verbuchten Spende. Dabei haben die Sozialdemokraten nun wirklich ein aktuelles Vor-Ort-Problem, das längst über die Kölner Klüngelgrenzen bis an die Spree gewandert ist. Am Donnerstag hat deshalb die Union ihre Anträge beim Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestags eingereicht. Der soll die Umstände der verschleierten Barspende über 511 000 Mark aus der Versorgungsbranche an die Kölner SPD und die daraus erwachsenen Bestechungsvorwürfe aufklären.

Die Union wittert Schlimmes, ist ganz aufgeregt vor Freude. Während in Köln Staatsanwaltschaft und SPD-interne Ermittler Akten durchpflügen, will die Opposition der SPD in Berlin vor dem Untersuchungsausschuss den Prozess machen. Vernommen werden soll auch Generalsekretär Franz Müntefering, der einstige Landesvorsitzende der NRW-SPD. Neben den verantwortlichen SPD-Politikern in Köln und Nordrhein-Westfalen sollen außerdem die nach Köln entsandten Sonderermittler der Sozialdemokraten später Auskunft geben. Zudem will die Union Akten und Beweismittel der Staatsanwaltschaft und der Oberfinanzdirektion Köln einsehen.

Die SPD hatte bisher erklärt, man wolle das Thema zwar im Ausschuss behandeln, für die Benennung neuer Zeugen sei es aber zu spät. Unsinn, sagen Union und FDP. Bei neuen Beweisen müsse die Beweisaufnahme wieder geöffnet werden. Allerdings drängt die Zeit. Im Juni muss der Ausschuss dem Bundestag seinen Abschlussbericht vorlegen. "Die gesamte Dimension des Skandals" werde man in zwei Monaten sicher nicht abarbeiten können, fürchtet Stadler. Der CDU-Vertreter im Ausschuss, Schmidt, will dagegen Sondersitzungen beantragen, zur Not auch an den Ostertagen. Die SPD-Mitglieder finden dies nicht nur wegen der Vorfreude aufs Eiersammeln weniger schmackhaft und werden sich zu wehren wissen. Die rot-grüne Ausschussmehrheit kann die Termine bestimmen und somit den Umfang der Beweisaufnahme.

Unterdessen wird man sich rund um das Berliner Willy Brandt Haus bewusst, welche Folgen die Affäre für die ganze Partei haben könnte. Der Kanzler sei "sauer ohne Ende", heißt es, habe schon am Montag im Präsidium "getobt", als man ihm über die Kölner Vorgänge berichtet habe. "Der ist auf 180", sagt jemand aus seinem Umfeld. Über Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier heißt es, sie sei fassungslos, weil sie nach dem CDU-Spendenskandal nun wirklich fast alle eigenen Parteigliederungen genau geprüft habe: "Die Inge empfindet das wie eine persönliche Niederlage", sagt ein Vertrauter. Trotzdem hat Wettig-Danielmeier gerechnet und geht von einer Strafe von mindestens 780 000 Euro für die Bundes-SPD aus.

"Ich könnte schreien vor Zorn, Wut und Schmerz", sagt am Donnerstag Fraktionsvize Ludwig Stiegler. Die Lage sei dramatisch, weil ja selbst der NRW-Landeschefs Harald Schartau gesagt habe: "Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht." Auch wenn die Partei nun akribisch alles aufarbeite, werde doch etwas von dieser schmutzigen Geschichte hängen bleiben, fürchtet Stiegler. Bitter im Wahljahr. Dass Müntefering selber etwas von den Vorgängen geahnt oder gewusst haben könnte, schließe er aber zu hundert Prozent aus. Stiegler hatte sich am Donnerstag wenigstens ein paar Stunden ablenken können. Er besuchte das traditionelle Politiker-"Derblecken" beim Starkbieranstich auf dem Münchner Nockherberg. Im vergangenen Jahr habe ihm dort besonders die Parodie auf Angela Merkel gefallen, so der Fraktionsvize. Ein Merkel-Double hatte dort gesungen: "Ich bin die Zuckerpuppe aus der Schwarzgeld-Truppe." "Da kann ich heute nicht mehr drüber lachen."

Markus Feldenkirchen

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