zum Hauptinhalt
Unbemanntes Kampfgerät. Eine US-amerikanische Air Force MQ-1 Predator-Drohne über südkalifornischem Gebiet.

© DPA

SPD und Drohnen: Heerschaaren des Himmels

Die Bundeswehr ist gegen Luftangriffe weitgehend wehrlos. Das muss sich ändern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Erstaunlich, wie wenig manche Dinge in Zeiten von Corona beachtet werden, weil die Aufmerksamkeit von Politik und Öffentlichkeit voll auf die Bekämpfung der Pandemie konzentriert ist. Am 23. März legte das Bundesverteidigungsministerium ein Konzept zur Modernisierung der Luftabwehr vor. Das Flugabwehrsystem Patriot, 40 Jahre alt, soll modernisiert werden, das Luftabwehrsystem Ozelot, 20 Jahre alt, gilt als Auslaufmodell. Das bedeutet: Im Falle eines militärischen Konflikts sind deutsche Bodentruppen weder vor tieffliegenden Jagdbombern noch vor Kampfhubschraubern geschützt, und vor Drohnen natürlich auch nicht. Denn die hat die Bundeswehr nicht, und ob sie sie jemals bekommt, ist völlig unklar.

Die SPD, die Drohnen für eine Angriffswaffe hält, will den Sommer über darüber diskutieren. Das heißt, sie will sich vor der Bundestagswahl nicht entscheiden. Damit ist klar: Die Sozialdemokraten haben zwar, Stand heute, als einzige Partei mit theoretischen Chancen, den neuen Regierungschef und die neue Regierungschefin stellen zu können, einen Kanzlerkandidaten. Aber sie haben, auch als einzige relevante Partei, in Fragen der Verteidigungs- und Bündnispolitik eine blinde Stelle, die sie eigentlich von der Machtteilhabe ausschließt. Als einzige Partei? Ja. CDU und CSU hatten immer bündnisorientierte Positionen.

Die Grünen sind da seit dem deutschen Engagement auf dem Balkan und in Afghanistan, bei allen innerparteilichen Diskussionen, ebenfalls eindeutig. Unter den sozialdemokratischen Bundeskanzlern Schmidt, Brandt und Schröder wie unter fünf sozialdemokratischen Verteidigungsministern gab es ebenfalls nie Zweifel an der grundsätzlichen Orientierung der Partei in der atlantischen und europäischen Sicherheitspolitik.

Die Überlegenheit der Aserbaidschaner beruhte auf Drohnen

Warum hat das Bundesverteidigungsministerium gerade jetzt den Plan für die Modernisierung der Luftabwehr vorgelegt? Wollte das CDU-geführte Ressort, natürlich in Abstimmung mit der Kanzlerin, die Sozialdemokraten um die Parteichefs Walter-Borjahns und Esken und Fraktionschef Mützenich, zu einer klaren Positionierung zwingen? Mag sein. Aber der entscheidende Faktor waren die inzwischen detailliert vorliegenden Analysen des militärischen Konfliktes zwischen Aserbaidschan und Armenien. Noch nie wurden unbemannte, bewaffnete Fluggeräte, also Drohnen, in einem vergleichbaren Ausmaß eingesetzt.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Aserbaidschan setzte gegen das völlig wehrlose armenische Militär zur Aufklärung und zur Zerstörung von Bodenzielen türkische und israelische Drohnen ein. Innerhalb weniger Wochen verlor die armenische Armee mehr als zehn mal so viele gepanzerte Fahrzeuge wie Aserbaidschan. Angesichts der überraschenden Drohnenangriffe, gegen die sie keinerlei Möglichkeit zur Gegenwehr hatten, verzweifelten die armenischen Soldaten. Die deutsche Verteidigungsministerin, Annegret Kramp-Karrenbauer, sprach an der Bundeswehruniversität Hamburg „von schwerwiegenden Konsequenzen für die unterlegene Seite“.

Die Analyse der deutschen Situation ergab nun auch, dass bereits 2013 unter Verteidigungsminister Thomas de Maizière die gesamte Flugabwehr des Heeres aufgelöst worden war. Heißt im Klartext: Gegen einen Drohnenangriff ist die Bundeswehr so hilflos wie die armenische Armee es war. Und da möchte die neue SPD-Spitze noch den ganzen Sommer diskutieren?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false