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Peer Steinbrück hat ein Konzept zur Bankenregulierung vorgelegt.

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SPD will Banken an die Leine legen: Peer Steinbrück steigt in den Wahlkampf ein

Es könnte ein veritables Wahlkampfthema werden: Wie kann die Rolle der Banken in Wirtschaft und Gesellschaft definiert, wie kann die Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte reduziert werden? Peer Steinbrück legte schon mal vor. Und die Koalition hat reagiert.

Von
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

Es sind große Worte, mit denen Peer Steinbrück sein 30-seitiges Papier überschreibt: "Vertrauen zurückgewinnen: Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte". Am Mittwoch präsentierte er es der Öffentlichkeit, mit vollem Rückhalt aus der eigenen Partei. In der schwarz-gelben Koalition winkt man müde ab: Nichts Neues. Doch im Wahlkampf könnte die SPD mit dem Bankenthema durchaus punkten. Hier einige der zentralen Punkte aus Steinbrücks Konzept - und die Reaktionen aus der Koalition.

BANKENSTRUKTUR

Was die SPD will: Die Sozialdemokraten wollen solche Geldhäuser aufspalten, deren Kollaps ganze Staaten erschüttern könnte. Die riskanten Investmentgeschäfte wollen sie dazu von den Kundenkonten und Krediten normaler Institute trennen. Das soll verhindern, dass mögliche Schadensfälle bei Investments auf das gesamte Unternehmen übergreifen. Steinbrück wies am Mittwoch den Vorwurf zurück, er wolle damit das größte deutsche Institut, die Deutsche Bank, zerschlagen: Die aufgeteilten Geschäftsbereiche könnten in einer Holding weiter arbeiten.

Wie die Koalition kontert: „Nichts Neues“, sagt der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU), zu Peer Steinbrücks Plänen zur Bankenregulierung. Sämtliche Punkte, die der frühere Bundesfinanzminister aufzähle, seien entweder schon beschlossen oder würden auf europäischer oder globaler Ebene diskutiert. Der Aufspaltung von systemrelevanten Banken in Kunden- und Investmentbank hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lange Zeit kritisch gegenüber gestanden. In diesem Sommer hat sich Schäuble jedoch für Gespräche auf europäischer Ebene geöffnet. In Deutschland würde ein solcher Schritt nur die Deutsche Bank treffen.

Video: Banken sollen sich selbst versorgen

BANKENHAFTUNG

Was die SPD will: Steinbrücks Plan sieht vor, dass die großen Banken in Europa einen eigenen Rettungsfonds aufbauen, damit im Schadensfall nicht wie bisher die Steuerzahler einspringen müssen, um einen Kollaps des gesamten Finanzsystems abzuwenden. Über die Jahre soll der Fonds auf 200 Milliarden Euro wachsen. Zur Finanzierung heranziehen will er die Zinsvorteile, die große Banken einstreichen, weil sich die Investoren auf ihre Rettung durch den Staat verlassen. Die Deutsche Bank würde dies pro Jahr bis zu zwei Milliarden Euro kosten. Bevor der Fonds einspringt, sollen allerdings die Eigentümer der Banken haften.

Wie die Koalition kontert: Die Koalition verweist auf eine Reihe von Gesetzen und Initiativen, die sie bereits verabschiedet hat, um zu verhindern, dass Bankinsolvenzen künftig von den Steuerzahlern bezahlt werden müssen. So gebe es seit 2010 ein Restrukturierungsgesetz, das verhindere, dass die Steuerzahler Banken aus Insolvenzen herausziehen müssen. Seit Anfang 2011 müssen die Banken mit einer eigenen Abgabe einen Fonds speisen, aus dem insolvente Banken gerettet werden sollen. Außerdem müssten die Banken ab 2013 verschärfte Eigenkapitalanforderungen (Basel III) erfüllen, mit denen das Risiko eines Zusammenbruchs verringert werde.

Was soll mit Ratingagenturen geschehen?

SCHATTENBANKEN

Was die SPD will: Schattenbanken wie Hedgefonds und Private-Equity-Fonds verwalten weltweit ein Viertel bis ein Drittel des globalen Vermögens. Sie wickeln bankähnliche Geschäfte ab, ohne dass für sie die gleichen Regulierungsvorschriften gelten wie für Banken. Für gleiche Geschäfte sollen nach dem Willen der SPD aber auch gleiche Regeln gelten, weshalb Schattenbanken zum Beispiel mehr Eigenkapital vorweisen müssen. Zudem soll das Verbot ungedeckter Leerverkäufe von Aktien und Staatsanleihen ausgeweitet werden auf andere Kreditderivate.

Wie die Koalition kontert: Die stärkere Regulierung und Beaufsichtigung von Hedgefonds ist europäisch bereits beschlossen und muss bis zum nächsten Sommer in allen EU-Ländern ratifiziert werden. Die Koalition verweist darauf, dass seit 2010 ungedeckte Leerverkäufe und der Handel mit Kreditversicherungen, die keinem Absicherungszweck dienen, verboten ist. Zudem habe sich der Gesetzgeber vorbehalten, im Krisenfall weitere Finanzmarktprodukte sofort verbieten zu können. Andere Finanztermingeschäfte seien mit verschärften Anforderungen zur Unterlegung mit Kapital versehen worden, die hochrisikoreiche Geschäfte uninteressanter machen sollen.

RATINGAGENTUREN

Was die SPD will: Der Ex-Finanzminister empfiehlt eine radikale Reform, um die „unheimliche Macht“ der Ratingagenturen zu brechen: Sie sollen sich künftig am Gemeinwohl orientieren und deshalb als „nicht am Profit orientierte Stiftungen“ organisiert werden. Dadurch würden auch Interessenkollisionen verhindert, die drohten, wenn Auftraggeber für ihre Bewertung zahlten. Die Bewertung von Staaten durch Ratingagenturen soll durch eine unabhängige Behörde wie den Internationalen Währungsfonds (IWF) kontrolliert werden

Wie die Koalition kontert: Ratingagenturen müssen sich seit 2010 registrieren lassen und werden beaufsichtigt, argumentiert die Koalition. Außerdem würden gerade Regeln erarbeitet, die die Abhängigkeit von Banken von externen Ratings verringern und die Qualität und Transparenz von Länderratings erhöhen sollen.

Video: Steinbrück will Bankensektor entflechten

IMMOBILIENFINANZIERUNG

Was die SPD will: Die SPD verweist darauf, dass die Finanzmarktkrise von Immobilienblasen, zuerst in den USA, dann auch in Irland, Großbritannien und Spanien ausgelöst wurde – und dabei in den USA Immobilien zum Teil sogar mit bis zu 120 Prozent ihres Wertes beliehen wurden. Damit sich ähnliches nicht wiederholte, soll in Europa eine Obergrenze für die Beleihung von Immobilien von 80 Prozent vorgeschrieben werden. In Boomphasen soll die Obergrenze noch einmal um 20 Prozent gesenkt werden können.

Wie die Koalition kontert: Banken in Deutschland finanzieren ohnehin restriktiver. Die Gefahr einer Immobilienblase ist hierzulande nicht so groß.

BONI, VERGÜTUNGEN

Was die SPD will: Systematische Fehlanreize für die Mitarbeiter haben nach Ansicht der SPD dazu verleitet, kurzfristige und riskante Spekulationsgeschäfte längerfristig sicheren Anlange vorzuziehen. Der riskante „Renditewettlauf“ habe dazu geführt, dass den Banken in der Krise dann Eigenkapital fehlte. Gegensteuern will Steinbrück mit neuen Regeln für die Vergütung. Die variable Vergütung soll das Festgehalt nicht übersteigen und erst ausgezahlt werden, wenn über mehrere Jahre tatsächlich Gewinn realisiert wurde. Banken sollen die Vergütung nicht nur von Vorstandsmitgliedern, sondern von allen Topverdienern offenlegen. Zudem soll der Bonus um so geringer ausfallen, je höher das Risiko eines Geschäfts ist.

Wie die Koalition kontert: Die Koalition hat 2010 Regelungen erlassen, die die Vergütungssysteme der Banker transparenter, angemessener und nachhaltiger machen sollen. Außerdem darf die Bankenaufsicht die Auszahlung variabler Gehaltsbestandteile, Boni, untersagen.

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