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Politik: SPD will Zusatzgeschäfte von Ärzten regulieren

Mediziner sollen individuelle Gesundheitsleistungen nur noch bei gesondertem Termin erbringen dürfen – nach Beratung und Vertrag.

Berlin - Die Verbraucherzentralen warnen vor Geschäftemachern im Doktorkittel, die Krankenkassen vor teurem Placebo – und selbst Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung sehen Anlass, ihre Standeskollegen zur Zurückhaltung zu mahnen. Gut 1,5 Milliarden Euro setzen Deutschlands Mediziner mittlerweile mit Selbstzahlerangeboten, den sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (Igel), um. Tendenz weiter steigend. Doch nun wollen Politiker die Bremse ziehen. Allen voran die SPD: Sie verlangt die strikte Trennung des ärztlichen Zusatzgeschäfts von der normalen Patientenbehandlung.

In einem Antrag, über den der Bundestag am heutigen Donnerstag debattiert, fordert die SPD-Fraktion, dass individuellen Selbstzahlerleistungen wie Glaukom-Früherkennung, PSA-Test oder Eigenbluttherapie vom Arzt künftig nicht mehr am selben Tag erbracht werden dürfen wie Leistungen auf Kassenkosten. Die Patienten müssten dafür gesondert in der Praxis erscheinen – und hätten so genügend Zeit, um sich kundig zu machen und die Offerte ihres Arztes „ohne Druck und Zwang“ zu überdenken. Mediziner, die weiterhin alles bei einem Termin absolvieren, sollten mit Strafen „bis hin zum Zulassungsentzug“ belegt werden, fordern die SPD-Experten. Eine Ausnahme soll es nur für selbst nachgefragte Spezialleistungen wie Reiseimpfungen oder sportmedizinische Untersuchungen geben.

Man habe lange darüber diskutiert, ob man den Patienten den Aufwand eines doppelten Arztbesuchs zumuten solle, sagte die SPD-Politikerin und approbierte Medizinerin Marlies Volkmer. Doch damit lasse sich am effektivsten verhindern, dass geschäftstüchtige Ärzte Patienten mit fragwürdigen Zusatzangeboten über den Tisch zögen. Es könne nicht angehen, dass Frauen „auf dem Gynäkologenstuhl zum Ultraschallscreening überredet werden“, sagte die Abgeordnete.

Die SPD pocht außerdem auf feste Formalien. Der Arzt müsse persönlich über Selbstzahlerleistungen informieren – und zwar auch darüber, warum sie keine Kassenleistung sind und unter welchen Bedingungen sie eine wären. Es müsse stets einen schriftlichen Behandlungsvertrag geben, die Patienten müssten zudem eine Rechnung erhalten, ansonsten bräuchten sie nicht zu zahlen. Das deckt sich mit Forderungen der Union. Übers Patientenrechtegesetz wollen auch CDU und CSU Beratungszwang und schriftliche Verträge mit Kostenangabe erzwingen.

Als besonders ärgerlich bezeichnen es die SPD-Experten, dass mit dem Verkauf individueller Gesundheitsleistungen das Vertrauen ins gesetzliche System untergraben werde. Zur Rechtfertigung werde den Patienten oft „suggeriert, dass der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausreichend sei und den gesetzlich Krankenversicherten wichtige Leistungen vorenthalten würden“, heißt es in dem Antrag. Das Gegenmittel der SPD: der verpflichtende Aushang einer Regierungsinformation über alle Selbstzahlerleistungen in den Arztpraxen – samt Begründung, weshalb diese nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

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