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Thomas Strobl (r.) gratuliert Guido Wolf.

© dpa

Spitzenkandidat für Baden Württemberg: Thomas Strobl unterliegt Guido Wolf

Er hatte fest mit dem Sieg gerechnet, doch es kam anderes für den baden-württembergischen CDU-Parteivorsitzenden, Thomas Strobl. Die Parteibasis des Landes entschied sich für Landtagspräsident Guido Wolf als Spitzenkandidaten.

Er presst die Lippen aufeinander, damit sie bloß nicht zucken. Er blinzelt in das Scheinwerferlicht über den Kameras  und kneift die Augen kurz zu, sie sollen ja trocken bleiben. Haltung bewahren ist die oberste Devise, dabei ist dies Thomas Strobls schwerste Stunde: Der Landesvorsitzende der Südwest-CDU hat eben eine schwere Niederlage erlitten, die Parteibasis hat sich mehrheitlich gegen ihn gewandt. Der Sieger steht nur zwei knappe Meter neben ihm, mit einem feinen Lächeln um den Mund: Es ist Landtagspräsident Guido Wolf, der die Union als Spitzenkandidat in den kommenden Landtagswahlkampf führen wird.

Viele haben einen ungültigen Stimmzettel abgegeben

Fünf Dutzend hauptamtliche Parteifunktionäre haben in den vergangenen Stunden die Stimmen ausgezählt. 34467 gültige kamen zusammen, 19.261 davon entfielen auf Wolf. Strobl, der noch zu Beginn des Mitgliederentscheids  in einer Umfrage weit vorne lag, ist jetzt ebenso weit nach hinten gerutscht: Nur 15.206 CDU-Mitglieder haben sich für ihn entschieden. 56 zu 44 Prozent lautet das Endergebnis, grad noch genug, um nicht als glücklich knapper Sieg oder unglücklich knappe Niederlage empfunden werden zu können. Die Auswahl zwischen den beiden Namen kann eigentlich nicht so schwierig gewesen sein, als dass sie mehr als 450 ungültige Voten rechtfertigt. Doch viele haben ihren Stimmzettel sehr bewusst verändert, so auch dieses Mitglied: Auf seinem Zettel stand:  „Uns Badenern bringen beide Schwaben nichts.“

Gemeinsamer Gegner Rot-Grün

Strobl, in den sechs vorangegangenen Regionalkonferenzen oft nur zweiter Redner, weil es das Los so wollte, hat diesmal noch das erste Wort. „Es gibt keine Verletzungen, keine Gräben und keine Lager“, sagt er tapfer, und dass er alles tun werde, damit das auch in Zukunft so bleibe. Haltung bewahren, den Unterstützern und Freunden danken und natürlich zu allererst der Ehefrau, der Tochter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. „Ich danke dafür, dass ihr mich so lange so liebevoll getragen habt“, sagt er, und fast will man vor lauter Rührung dann doch noch um die Haltung des Parteivorsitzenden fürchten. Dann aber bäumt sich Strobl  noch mal kämpferisch auf: Es fordert die Union zur Geschlossenheit auf, „denn unser Gegner ist Grün-Rot“, und außerdem gehe es um die Heimat, um Baden-Württemberg. Spricht‘ s und atmet sichtbar ganz tief durch.

„Nicht Triumph, aber Freude“ verspürt indes Guido Wolf. Viele hätten einen Scherbenhaufen befürchtet,  so wie damals im Mitgliederentscheid zwischen Günther Oettinger und Annette Schavan. Nichts davon diesmal: Er dankt dem Kontrahenten für dessen Fairness  und verspricht, seinerseits Beispiel zu geben, damit die Partei geschlossen bleibt. Schon im Vorgespräch, als das Ergebnis längst bekannt, aber noch nicht offiziell verkündet worden war, hatten sich die beiden gegenseitiger Unterstützung versichert.  Hernach bekommt der Sieger Blumen, tritt hinter dem Rednerpult hervor, winkt den Auszählern zu. Strobl stellt sich hinzu, man schüttelt sich die Hand. Der Sieger lächelt, der Unterlegene nicht.

 Geringe Beteiligung

Die Beteiligung an dem Basisvotum ist enttäuschend gering, man hätte sie nach oben treiben können, „wenn wir gestritten hätten“, erklärt Wolf, „aber der Preis war uns zu hoch.“  Es ging ja auch noch nicht um den Job des Regierungschefs wie damals bei Oettinger und  Schavan. Und beide Kandidaten sind sich nicht nur ähnlich, weil sie Schwaben sind oder einer eine  silbermetallicfarbene Krawatte trägt und der andere eine in Blaumetallic. Auch ihre Antworten in den Regionalversammlungen, von immerhin rund 5000 Interessierten besucht, und in den vielen kleinen Kreiskonferenzen waren inhaltlich häufig gleichlautend und austauschbar. Warum, wird Wolf gefragt, hat er wohl gewonnen? So schnell traue er sich keine abschließende Analyse zu, antwortet er und lässt offen, ob er sie jemals geben kann.  

Und dann geht er

Thomas Strobl verfolgt die letzten Minuten nicht mehr auf der Bühne, sondern auf einen Tisch gelehnt dicht am Ausgang. Es gäbe viele Fragen an den Chef der mächtigen Südwest-CDU: Wie stark seine Beschädigung als Parteichef denn empfunden wird, welche Auswirkungen die Niederlage beim Bundesparteitag kommende Woche auf seine Rolle als Merkel-Stellvertreter haben könnte und ob er als Chef der Landesgruppe im Bundestag nun noch die notwendige Autorität genießt. Aber Strobl schüttelt den Kopf. Er hat nach dem Mappus-Debakel die verstörte Union neu aufgestellt, doch die hat ihm soeben die Belohnung versagt. Jetzt ist er selbst verstört, die Niederlage will verdaut sein. Der 54-Jährige greift nach der Hand seiner Frau, zieht sie zur Tür. „Ein andermal“, bescheidet er den Frager mit milder Stimme, „diesmal nicht.“

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