zum Hauptinhalt
Bei der Energiewende treffen die verschiedenen Interessen der Bundesländer aufeinander.

© dapd

Spitzentreffen bei Merkel: Die Energiewende im Schnelldurchlauf

150 Minuten Energiepolitik: Die Kanzlerin lädt die Länderchefs ins Kanzleramt, um über die Energiewende zu beraten. Was ist von dem Treffen zu erwarten?

Der Zeitplan ist einigermaßen ambitioniert: Zweieinhalb Stunden Zeit nimmt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Freitag, um mit den Ministerpräsidenten Fortschritte der Energiewende zu diskutieren. 150 Minuten soll das Treffen dauern. Sicherlich zu wenig Zeit, um alle strittigen Fragen zu klären.

Ganz oben auf der Tagesordnung steht die Frage, wie stark jedes Bundesland den Umbau des Energiesystems vorantreiben soll. Bislang plant jedes Land die Energiewende im Alleingang, ohne Rücksicht auf die anderen. Schleswig-Holstein will zum Beispiel schon bald fast neunmal so viel Windstrom zu erzeugen, als die Bürger dort selbst verbrauchen können.

Der Ökostrom muss also abtransportiert werden. Aber wohin – und was kostet der Netzausbau, um das zu ermöglichen? Im Süden ist die Begeisterung darüber, bald norddeutschen Ökostrom abnehmen zu müssen, ziemlich gering.

Der Bund will die Förderung deckeln – die Länder sind dagegen

Dort, im Süden des Landes, gibt es auch Widerstand gegen den Plan von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), die Ausbauziele nach Regionen zu deckeln. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg etwa weigert sich, den Ausbau der eigenen Windkraft zu drosseln. Sein Diktum: "Wir wollen auf zehn Prozent kommen bis zum Jahr 2020. Davon werde ich mich nicht abbringen lassen."

Das sieht David McAllister (CDU) ähnlich. Der Ministerpräsident aus Niedersachsen wünscht sich "ein klares Bekenntnis auch der Bundesregierung und der 16 Ministerpräsidenten" zum weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie. Das sei "für uns im Norden ganz besonders wichtig". Das Problem ist nun, dass beide Wünsche – jener von Kretschmann und McAllister – kollidieren und bislang nicht abgestimmt wurden.

Dabei hatten die Bundesländer noch vergangene Woche auf Schloss Ettersberg versprochen, ihre Ausbauziele besser zu koordinieren. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz hatten sie zugesagt, ihre Planungen im Ernstfall "zu modifizieren". Wie viel diese Zusage wert ist, wenn die Länder nun gemeinsam mit dem Bund tagen, wird sich am Freitagnachmittag ebenfalls zeigen.

Ebenfalls auf der Tagesordnung: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es regelt die Vergütung von Ökostrom, der ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Die Ökostromumlage wird im kommenden Jahr von 3,5 Cent auf 5,3 Cent je Kilowattstunde ansteigen – eben weil der Ausbau der alternativen Energien boomt und bezahlt werden muss. Wochenlang diskutierte Deutschland über explodierende Strompreise und was dem Land die Energiewende wert ist.

Dabei sind sich alle Beteiligten auch an diesem Freitag einig, dass das EEG reformiert werden muss. Aber in welche Richtung? Und vor allem: bis wann? Das Interesse der Politik, das Gesetz während des Wahlkampfs zur Bundestagswahl zu überarbeiten, dürfte eher gering sein.

Die Strompreise sind ein wunderbares Wahlkampfthema

Zugleich ist die Debatte um Strompreise und die Verteilung der Energiewendekosten ein wunderbares Wahlkampfthema. Bundesumweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ringen schon seit Monaten um das EEG. Rösler und die FDP stellen es grundsätzlich infrage. Sie würden es am liebsten abschaffen. Mediale Unterstützung bekommen sie dabei von der industrienahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die für ein Quotenmodell lobbyiert. Altmaier zögert dagegen und will das EEG erst einmal weiterentwickeln.

Schon jetzt kreiden die Länderchefs der Bundesregierung an, nicht mit einer Stimme zu sprechen. Altmaier wird an dem Energiegipfel teilnehmen. Sein Ressortkollege Rösler ist dagegen in Indien unterwegs.

Allein für diese Themen bräuchte es wohl Tage, um zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen. Doch auf der Agenda des Spitzentreffens stehen auch noch der Netzausbau und die Versorgungssicherheit. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Thorsten Albig (SPD) bringt etwa die Idee einer staatlichen Stromnetzgesellschaft wieder ins Spiel.

Und am liebsten würden Gewerkschaften und Umweltverbände auch noch eine Einigung bei der energetischen Gebäudesanierung sehen. Seit mehr als einem Jahr können sich die Bundesländer nicht dazu durchringen, dass Hausbesitzer Investitionen in bessere Fenster und Heizungen steuerlich absetzen können.

Quelle: ZEIT ONLINE

Marlies Uken

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false