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Seit dem tragischen Unfall in Berlin wird um die großen und schweren Geländewagen (SUV) gestritten.

© picture alliance / Uli Deck/dpa

Sportwagen-Fan Ulf Poschardt: „Der SUV kann alle böse machen“

Monströses Statussymbol für die einen, noch monströseres Feindbild für die anderen: Ulf Poschardt über Sinn und Unsinn der SUV. Ein Gastkommentar.

„Ich verachte Ihren Range Rover, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie fahren dürfen.“ So oder ähnlich hat Voltaire oder seine Frau Evelyn Beatrice Hall über die Freiheit räsoniert. In Zeiten aufschäumender Intoleranz links, rechts und auch in der grünen Mitte sind diese liberalen Binsen wertvoll. Der SUV ist nach einem fürchterlichen, grausamen Unfall in Berlin zum Überzeichen mutiert: Monströses Statussymbol für die einen, noch monströseres Feindbild für die anderen.

Er ist ein großes Auto für die Stadt, obwohl er in dieser auf den ersten Blick vollkommen untauglich ist. Er ist zu groß, zu schwer, zu hoch: Kurzum er ist ein Elefant im architektonischen Porzellanladen – und wer schon mal in einer schmalen Straße – Vorsicht antineoliberales Feindbild – eine blonde Frau mit Pferdeschwanz und Perlenohrringen alleine in ihrem Mercedes GL gefangen in einer unauflöslichen Verkehrssituation erlebt hat, zürnt weniger, als dass er Mitleid hat.

Der SUV ist der Enkel der ersten Geländewagen. In ihm verbaut ist eine alte Freiheitssehnsucht am Ende eines langweiligen, entfremdeten Lebens, um eben auch in die Wildnis abbiegen zu können. Es ist eine Illusion, die nie eingelöst wird. Die meisten Fahrer eines SUV haben sogar Angst ihre polierten Felgen an einem Bordstein aufschrammen zu lassen.

Der SUV ist eine potenzielle Straßensperre

Der SUV hat das Zeug dazu, alle böse zu machen. Einige Parker haben aufgegeben, sich um ein sozialverträgliches Verhalten zu bemühen. Sie gönnen sich zwei oder wenigstens eineinhalb Parkplätze und schüren damit jene Vorurteile, die sich oft genug im Alltag bewahrheiten: Der Zwei-Tonnen-Hochsitz verhindert Empathie mit anderen Verkehrsteilnehmern und führt durch Entfremdung von den Niederungen des Straßenverkehrs zu grassierender Rücksichtslosigkeit. Das SUV ist eine potenzielle Straßensperre.

Ulf Poschardt ist Chefredakteur der "Welt" und Sportwagenfan.
Ulf Poschardt ist Chefredakteur der "Welt" und Sportwagenfan.

© Sebastian Gabsch/PNN

Die mediale Treibjagd hat deutlich gemacht, dass die Autohasser jede Chance nutzen, um blind auf alles zu schlagen, was sie weder kennen noch verstehen. Sie verstehen nicht, dass jemand der einen Porsche GT 3 RS kauft, nicht automatisch einen Porsche Macan interessant findet. Sie verstehen nicht, dass weder die PS-Zahl relevant ist, noch die Beschleunigungswerte, sondern das Verhalten der Menschen, die in ihnen sitzen.

[Ulf Poschardt ist Chefredakteur der "Welt"-Gruppe. Dies ist eine gekürzte Fassung eines in der "Welt" erschienenen Textes. Das Honorar spendet er dem ADFC.]

Der SUV wird zum Teil von ängstlichen Menschen bewegt. Sie haben Angst mit dem gewöhnlichen Volk verwechselt zu werden und sie haben Angst vor den Konflikten, die aufziehen.

Der Ton der Autofeinde, der Fahrrad- und Umerziehungsfetischisten legt eine düstere Spur in die Zukunft. Sie mutieren mit Fahrradhelm und der geballten Faust zu einer SUV-Pantomime. Sie sind längst Geländewagen ohne Blech. Die Zukunft des Autos gehört den leichten, schönen und schnellen Sportwagen. Alle anderen müssen verboten werden.

Ulf Poschardt

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