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Politik: Spritpreis und Steuer: Wie Union und FDP versuchen, die Brummi-Proteste für sich zu nutzen

Ruprecht Polenz schiebt sich langsam durch die Reihen: "Noch jemand einen Aufkleber gegen die Ökosteuer?" Nein, danke, sagt ein Mann in Jeans-Jacke und zeigt über die Schulter: Da klebt schon einer.

Von Robert Birnbaum

Ruprecht Polenz schiebt sich langsam durch die Reihen: "Noch jemand einen Aufkleber gegen die Ökosteuer?" Nein, danke, sagt ein Mann in Jeans-Jacke und zeigt über die Schulter: Da klebt schon einer. "Weg mit dieser Ökosteuer", das Motto der jüngsten CDU-Kampagne, ist entschieden ein Renner bei der Trucker-Demo am Brandenburger Tor. Das hat nicht unbedingt etwas mit Überzeugung zu tun und schon gar nicht mit parteipolitischen Vorlieben. Dass die CDU-Kleber weggehen wie warme Semmeln, hat einen schlichteren Grund: Es mangelt an Alternativen. Die Veranstalter haben keine eigenen Aufkleber mitgebracht, die Protestplakate sind meist handgemalt.

Aber solche Feinheiten können der Opposition ziemlich egal sein: Für sie ist dieser Tag ein Heimspiel. "Wo ist Trittin?", rufen zornige Brummi-Fahrer, und: "Wo bleiben die Politiker?" Da kann Polenz nur lächeln: "Wir sind hier. Die anderen kommen heute wohl nicht." In der Tat sind Regierungspolitiker auf dem Platz vor der Tribüne nicht zu sehen. Christdemokraten und Christsoziale dafür um so mehr; auch der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos schaut vorbei, gibt Fernsehinterviews ("Wir würden die Ökosteuer sofort wegnehmen!") und schlendert durch die Reihen. Leider kennt ihn keiner der Demonstranten, und so geht Glos beizeiten wieder.

Vorne an der Tribüne ist derweil die FDP aufmarschiert: Parteichef Wolfgang Gerhardt, Generalsekretär Guido Westerwelle, Parteivize Rainer Brüderle. Dass den Liberalen automatisch die Herzen zuflögen, kann man freilich auch nicht behaupten - im Gegenteil: "Die haben 16 Jahre regiert, die sollen hier nicht so das Maul aufreißen", sagt ein Lkw-Pilot aus dem Brandenburgischen; andere murren über "Trittbrettfahrer".

Politiker, das wird rasch deutlich, stehen bei den Demonstranten unter Generalverdacht. Selbst der erklärte Mittelstandsfreund Brüderle kriegt den Bürgerzorn über "die da oben" um die Ohren, die sich selbst die Diäten erhöhten und zugleich die Bürger mit Öko- und sonstigen Steuern knechteten. "In diesem Fall schimpfen Sie mit dem Verkehrten", wehrt sich der Liberale.

So war Polenz wohl gut beraten, als er von vornherein die Losung ausgegeben hatte, dies sei die Kundgebung der Brummi-Fahrer und nicht der Ort für einen großen Kampagnen-Auftritt der CDU. Die CDU-Strategen setzen eher auf Under-Cover-Agitation. Zwei große Banner schweben beispielsweise fernsehwirksam über der Demonstrantenschar, auf denen noch einmal unübersehbar die Forderung steht: "Weg mit dieser Ökosteuer."

Getragen werden die Plakate von vier Herren in legerem Trainingsanzug und Turnschuhen. Normalerweise kennt man das Quartett im dunklen Anzug: Es sind die Sicherheitskräfte des Konrad-Adenauer-Hauses in ihrem ersten Einsatz als außerparlamentarische Opposition.

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